Apocalypto
|
Land: |
USA |
Laufzeit: |
138 Minuten |
FSK: |
18 |
Starttermin: |
14. Dezember 2006 |
|
Genre: Historien-Action-Drama
Regie: |
Mel Gibson |
Drehbuch: |
Mel Gibson, Farhad Safinia |
Darsteller: |
Rudy Youngblood, Dalia Hernandez, Jonathan Brewer, Morris Bird, Raoul Trujillo,
Gerardo Taracena, Rodolfo Palacios, Ariel Galvan, Bernardo Ruiz Juarez, Ricardo Diaz Mendoza,
Fernando Hernandez Perez, Maria Isidra Hoil |
Kamera: |
Dean Semler |
Schnitt: |
John Wright |
Musik: |
James Horner |
Mel Gibson ist offenbar kein Mann, der sich gerne in der Gegenwart aufhält. Sowohl "Braveheart", als auch "Die Passion Christi" und nun "Apocalypto" spielen allesamt spätestens Mitte des zweiten Jahrtausends. Was sie außerdem vereint, sind die hervorgerufenen Kontroversen, nicht selten aufgrund der alles andere als zimperlichen Gewaltdarstellung. Auch wenn "Apocalypto" bei uns natürlich nicht so heiß diskutiert wird wie "Die Passion Christi", ist es doch ein höchst umstrittenes Werk.
15. Jahrhundert: Der Maya-Stamm um Pranke des Jaguars (Rudy Youngblood) führt ein recht friedvolles Dasein. Tagsüber geht es auf Beutefang in den Wald, am Abend lauscht man den Geschichten der Ältesten am Feuer und führt rituelle Tänze auf. Eines Morgens ist jedoch Schluss damit, denn ein deutlich kriegerischerer Maya-Stamm fällt über das kleine Dort her, tötet Stammesangehörige und fesselt die am Leben Gelassenen. Pranke des Jaguars gelingt es in letzter Sekunde, seine schwangere Frau mitsamt Kind in ein mehrere Meter tiefes Loch herabzulassen, bevor auch er in Gefangenschaft gerät. Ein langer Marsch führt sie in eine wahre Maya-Stadt mit riesigen Tempeln und allem, was die Maya-Hochkulturen auszeichnet. Umso barbarischer erscheint es da, dass die Frauen auf dem Markt verkauft und die Männer auf grausame Art und Weise Gott geopfert werden. Pranke des Jaguars jedoch gelingt die Flucht und fortan beginnt für ihn ein Wettlauf - nicht nur gegen seine wütenden Verfolger, sondern auch gegen die Zeit, da sich seine Frau nicht aus eigener Kraft aus dem Loch befreien kann.
Etwas verwundert reibt man sich die Augen. Da beginnt "Apocalypto" mit einer Jagd auf ein Tier, der brutalen Tötung, der Ausschlachtung der Gedärme und dem anschließenden Verzehr und wird kurz darauf plötzlich richtig witzig. Wer glaubte, in der heutigen Gesellschaft mit Impotenz vor einem schwerwiegenden Problem zu stehen, sollte mal eine kleine Zeitreise unternehmen. Im Maya-Stamm von Pranke des Jaguars hat man sofort die Schwiegermutter auf dem Hals und einen ganzen Stamm, der sich über einen lustig macht, aber nicht nur aufgrund der Impotenz an sich. Für diese richtig lockere erste halbe Stunde wird sich Gibson natürlich nicht ohne Grund entschieden haben - denn alles was dann kommt, ist barbarisch, brutal und blutrot.
Der härteste Film dieses Jahres ist nicht etwa "The Hills Have Eyes", "Hostel" oder "Wolf Creek", sondern ganz eindeutig "Apocalypto". Wer hier, wie meine Sitznachbarn, mit der Erwartung den Kinosaal betritt, dass es sich um einen Film ohne Altersfreigabe handelt, wird schon bald sein rotes Wunder erleben. Es ist dann schon fast jedem selbst überlassen, ob die Masse an Brutalität oder der besondere Härtegrad einzelner Szenen schwerer wiegt - die schwerste Kost des Jahres heißt ganz eindeutig "Apocalypto". Gibson denkt gar nicht daran, dem Zuschauer irgendetwas zu verbergen, stattdessen setzt er noch einmal eine Nahaufnahme obendrauf. Die Menschenopfer beispielsweise beinhalten eine Herausnahme des Herzens bei lebendigem Leib und die anschließende Abtrennung des Kopfes. Nun mag es jedem selbst überlassen sein, die Frage in den Raum zu stellen, ob so viel Gewalt denn unbedingt sein muss - Fakt ist, dass die Menschenopfer der Maya unter anderem so ausgesehen haben sollen. Wobei sich Gibson zugegebenermaßen natürlich auch für die abartigste Form des Opfers entschieden hat. Anstatt auf weitere Beispiele einzugehen, platziere ich hier einfach mal die Worte "wilde Tiere", "Kriegsbewaffnung" und "tödliche Fallen" und überlasse es eurer Phantasie, euch auszumalen, was Gibson noch parat hat.
Bei so viel Gewalt (und die eine oder andere Nahaufnahme hätte vielleicht wirklich nicht sein müssen) geht das restliche Geschehen ja fast schon unter - zu einem authentischen Bild gehört sie aber wohl dazu, auch in dem Maße. Wenn man Gibson eines sicher nicht vorwerfen kann, dann ist es das Fehlen von Authentizität: Die Krieger wirken Furcht einflößend; die Maya unterhalten sich in ihrer für uns nicht verständlichen Sprache, so dass fleißiges Untertitel-Lesen angesagt ist (zur Beruhigung: in den 138 Minuten wird nicht übermäßig viel gesprochen), und an den Kostümen, Masken und den Locations lässt sich ebenfalls nicht das Geringste aussetzen.
Problematischer ist eher die hier und da hereinbrechende Langeweile. Gerade der lange Fußmarsch hätte etwas Straffung gut vertragen können und wirkt irgendwann schon ein wenig ermüdend. Und wenn man dann im Nachhinein zurückblickt und sich überlegt, was genau in den mehr als zwei Stunden eigentlich geschehen ist - nicht viel. Ein weiteres Problem ist fast schon Gibson-typisch und hat bereits in der "Passion Christi" Nerven geraubt: Gibson misst vielen seiner Szenen deutlich mehr Bedeutung bei als es der Zuschauer tut. Wenn Gibson dann teilweise ewig lange gewisse Botschaften auf das Publikum einhämmert, welches diese schon längst begriffen hat, ist das mehr als unerfreulich - meist geschieht dies in Form scheinbar endlosen Tauschens von Blicken.
Nicht vollends überzeugen kann leider auch der letzte große Akt, nämlich die Verfolgung von Pranke des Jaguars durch knapp zehn feindliche Krieger. Logischerweise führt diese durch einen Dschungel und dieser wiederum sieht immer relativ gleich aus. Demzufolge liegt es an Kameramann Dean Semler, Abwechslung in die Bilder zu bringen, was leider nur zur Hälfte gelingt. Zwar hält er sicherlich die eine oder andere interessante Einstellung parat, doch wiederholt sich vieles - fast zwangsläufig - einfach zu oft. Auch das Geschwindigkeitsgefühl, das diese durch den Wald rennenden "Athleten" hervorrufen, geht öfters mal verloren. Hinzu kommen diese kleinen, besonders aus Horrorfilmen nur zu gut bekannten Logikfehler: Während Pranke des Jaguars wie wild durch den Dschungel hetzt und seine Verfolger ständig pausieren, sind diese ihm trotzdem Sekunden später schon wieder unmittelbar auf den Fersen...
Wie auch bei "Die Passion Christi" hat Mel Gibson auf ein Staraufgebot verzichtet und lässt frischen, unbekannten, aber alles andere als untalentierten Gesichtern den Vortritt. Die Rechnung geht auf, denn die Laiendarsteller versprühen die notwendige Authentizität. Hinzu kommt natürlich, dass man sich merkwürdig anmutende Gesichtsausdrücke als Eigenheit der Zeit vor über 500 Jahren erklärt.
"Apocalypto" ist Mel Gibson pur: brutal, bedeutungsschwanger, aber gar nicht mal schlecht anzusehen. Wenn man mit dem hohen Grad an Gewalt klarkommt und über den einen oder anderen Leerlauf hinwegsehen kann, bekommt man recht ansprechende 138 Minuten Maya-Action geboten, auch wenn die Nominierung für einen Golden Globe als bester ausländischer Film schon wieder eindeutig zu weit geht (aber die Nominierungsfehlgriffe dieses Jahr sind ein anderes Thema). "Apocalypto" überzeugt vor allem durch beeindruckende Bilder, überzeugende Darsteller und einen - soweit ich das beurteilen kann - authentischen Blick in die Vergangenheit. Für den Sieg gegen die überschätzte "Passion Christi" reicht's allemal.
Note: 3
|