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Born to Fight



Land: Thailand
Laufzeit: 96 Minuten
FSK: 18
Starttermin: 3. August 2006

Genre: Action

Regie: Phanna Rittikrai
Drehbuch: Phanna Rittikrai, Thanapat Taweesuk, Morakot Kaewthanee
Darsteller: Dan Chupong, Noppol Gomarachun, Suntisuk Phromsiri, Piyapong Piw-on, Somluck Khamsing, Kesarin Ekatawatkul, Amornthep Waewsang, Suebsak Pansueb, Nantaway Wongwanichislip
Kamera: Surachet Thongmee
Schnitt: Thanapat Taweesuk
Musik: -








Es existieren Filme, in denen zwischen Handlung und sämtlichen anderen filmischen Elementen eine gewisse qualitative Lücke vorhanden ist. Als Beispiele seien hier die noch recht jungen "The Day After Tomorrow" oder "Spider-Man 2" genannt. Beide trumpfen mit überragenden Special Effects auf, versagen aber streckenweise im Geschichtenerzählen. Und es existieren Filme wie "Born to Fight", welche sich durch grandiose Kampfaction und Kameraarbeit auszeichnen, auf der anderen Seite aber mit einem Plot daherkommen, der Handlungen von vielen Ego-Shootern, die in einem ähnlichen Szenario angesiedelt sind, im Vergleich dazu wie die neusten kreativen Geniestreiche eines Tim Burton aussehen lassen, auch wenn der in diesem Genre natürlich nichts zu suchen hat. Ich werde nun den gesamten Inhalt wieder- sowie sämtliche Storytwists preisgeben. Und wer nach dem Anschauen ernsthaft behauptet, ich hätte ihm damit den Spaß verdorben, dem ist wohl wirklich nicht mehr zu helfen.

Alles beginnt mit einem fürchterlichen Trauma. Oder nein, setzen wir etwas früher an. "Born to Fight" startet mit einer spektakulären Action-Sequenz, in der auf, in und neben fahrenden LKWs gekämpft wird, gleich richtig durch. Das hier Gezeigte macht zweifellos Appetit auf mehr. Ausgangspunkt dieser Sequenz ist eine Verfolgung von Verbrechern durch zwei Polizisten. Am Ende steht eine Explosion, bei der der Meister Qui-Gon Jinn ums Leben kommt. Sein Schüler Daew (Dan Chupong) stürzt in tiefe Depressionen; glücklicherweise jedoch nur für eine Nacht. Am Folgetag begleitet er bereits seine Schwester (Kesarin Ekatawatkul) und deren Sportmannschaft in ein kleines thailändisches Dorf, wo Hilfsgüter verteilt werden sollen. Aufgrund einer allzu miesen Wahl der Synchronsprecher für die Dorfbewohner (warum muss die alte Dame wie eine Irre klingen?), grandios gescheiterter Gag-Versuche, bis an die Grenzen gehender Toleranz für andere Kulturen (der ohrenbetäubende Krach kann doch einfach nicht als Musik bezeichnet werden), lächerlich herbeigeführter Konfliktversuche (Eifersucht = Kampf anzetteln = Mordgedanken hegen) sowie erster Auftritte entsetzlicher Rührseeligkeiten (ein Dorfkind schenkt Daews Schwester eine Blume, woraufhin diese ihre Lieblingskette verschenkt - ach wie schön ist diese Welt) - mittlerweile vergessen, wie der Satz begonnen hat? Aufgrund … darf man so langsam an der Qualität dieses Filmes zweifeln.

Doch nun kommt die ganze Geschichte ja erst so richtig in Gang. Ein Kugelhagel streckt plötzlich mehrere Dorfbewohner nieder und ein paar Dutzend mit Militärklamotten bekleidete Männer stürmen das Dorf. Schnell klärt sich die Motivation dieses blutigen Überfalls samt Geiselnahme: Sie wollen den General in Freiheit sehen. Der General ist jene Person, auf die die beiden Cops zu Beginn Jagd gemacht haben und welche dabei verhaftet wurde. Nebenbei richten die Terroristen eine Nuklearwaffe auf die Haupt- und Millionenstadt Bangkok und beabsichtigen deren Zerstörung. Geduldig wartet man auf Erklärungen. Wer genau diese Menschen sind, wie sie an die Waffen kommen, wie ihr späterer Fluchtplan aussieht, warum sie Bangkok dem Boden gleich machen wollen. Man wird den Saal unwissend verlassen… (immerhin bot sich durch die Nuklearwaffen-Geschichte noch die Gelegenheit, zwei Szenen aus "The Rock" ganz dreist nahezu 1:1 zu kopieren)

Doch dieser Umstand ist gar nicht mal so ärgerlich. Ebenso wenig dieser unglaubliche Zufall, dass diese Menschen in gerade diesem kleinen Dorf einfallen, in dem sich Daew befindet. Viel unerträglicher ist das nun einsetzende Pathos, vor dem selbst ein Roland Emmerich in Ehrfurcht ergehen sollte. Während die Geiseln auf einer kleinen Fläche zusammen gehalten werden, umzingelt von bösen Männern, hält Daew eine kleine Ansprache und ruft zum Kampf auf. Wie durch Zufall ertönt im Radio die thailändische Nationalhymne (zumindest nehme ich mal an, dass sie es ist), welche in den Geiseln patriotische Gefühle weckt. Diese singen mit, erheben sich und stürmen letztendlich auf die Widersacher ein. Mittlerweile fühle ich mich ins Nachtprogramm von RTL2 versetzt und entsinne mich an die 5/10-Wertung von "filmstarts" und frage mich, wie die zustande kommen kann.

Nun ist die erste Dreiviertelstunde vorüber und die Zweite bricht an. Und man kann sagen: Das Ende des Films umfasst 45 Minuten. Von nun an wird ohne Unterbrechung gekämpft und das ist auch gut so. Keine Zeit mehr, sich über die naive deutsche Synchronisation aufzuregen oder im Angesicht einer selten dämlichen Story im Kinosessel zu versinken. Nein; nun beginnt die Phase, die mit Worten gar nicht mal so einfach zu beschreiben ist.

Die hier dargebotene Kampf-Action darf wohl jetzt schon zum Spektakulärsten erklärt werden, was dieses Kinojahr zu bieten hat. Nach "Spider-Man 2" im Jahre 2004 und "House of Flying Daggers" in 2005 nun also schon der dritte Titelträger in meiner persönlichen "Beste Action"-Kategorie - außer natürlich, da kommt noch ein Hammer (vielleicht ja der neue "Bond"?). Die in den zigfach vorgetragenen Kämpfen dargebotene Athletik, Kreativität, Akrobatik und sicherlich auch Coolness ist einfach überwältigend und passt überhaupt nicht zur vorherigen, miserablen halben Stunde. Kein bisschen. Einer der genialsten Momente ist eine etwas längere Aufnahme von Daew ohne einen einzigen Schnitt, in der er kämpft, rennt, schießt, Granaten ausweicht, … Der Mann hinter der Kamera, Surachet Thongmee, leistet vor allem hier, aber auch im restlichen Film, einfach wunderbare Arbeit.

Ob gewollt oder ungewollt witzig - auch die Aktionen der Leichtathleten (die Sportler) bereichern den Film. Denn diese mischen in den Kämpfen mit und profitieren von ihren jeweiligen Fähigkeiten mit und an den Geräten. So bewegt sich ein Mädchen auf einem Barren und weicht dabei Schwerthieben aus. Ein anderer hat ein Reck für sich entdeckt und wiederum ein anderer avancierte aufgrund seiner Fähigkeiten am Ball zum heimlichen Publikumsliebling. Anstatt seinem Gegner einfach eine reinzuhauen, jongliert er mit dem Ball, nur um seinem Widersacher diesen dann per Schuss an den Kopf zu knallen. Als er aus 50 Metern dann noch einen Wachtposten trifft und seinem Ball einen Effet verleiht, wie es sonst wohl nur ein Beckham kann, ist ihm der erste große Szenenapplaus(/Gelächter) sicher.

Natürlich hat der Film mittlerweile sämtliche Ernsthaftigkeit über Bord geworfen, was hoffentlich auch allen Beteiligten klar ist und war. Ein Geiselnehmer wird von einem kleinen Mädchen verkloppt, ein älterer Herr rennt merkwürdig in Zeitlupe auf die Kamera zu, ein körperlich Behinderter (ihm fehlt ein Bein) mutiert zum großen Kämpfer und selbst eine Rakete, die einen der Bösen in viele Stücke zerfetzt, wirkt in diesem Film einfach nur noch lustig und sichert sich Szeneapplaus Nummer 2.

Auch während dieser endlosen Kampf-Orgie sind viele Szenen (wie die eben Beschriebenen) abgrundtief schlecht. So schlecht, dass jede von ihnen für einen großartigen Lacher gut ist. In Verbindung mit der genialen Action, in der jeder der Beteiligten sich beim Dreh so seine Blessuren zugezogen haben wird, und der stimmungsvollen Techno-Untermalung ist die zweite Hälfte von "Born to Fight" einfach pure Unterhaltung. Bis auf wenige Ausnahmen wiederholt sich auch nichts. Man findet immer wieder neue Tritte und Bewegungsabläufe.

Und so bleibt es das große Geheimnis der hierfür Verantwortlichen, ob das alles wirklich ernst gemeint ist. Falls ja - sind diese Menschen auf dem Mond geboren wurden und haben ihr bisheriges Leben dort verbracht? Falls nein - was wurde ihnen in ihrer Kindheit angetan, dass sie die thailändische Kultur auf diese Art und Weise demütigen? "Born to Fight" ist der perfekte Film für einen DVD-Abend - das lässt sich sicher sagen. Über die Handlungsfetzen, Darsteller, Dialoge und Synchronisation sollte man schweigen. Stattdessen darf man sich an großartiger Action, (unfreiwilliger) Komik und einer guten Regie erfreuen. Bildet man den Mittelwert aus einer 6 für die Handlung, einer 2 für den Humor und einer 1 für die Kämpfe, so landet man bei einer 3. Großzügig hänge ich noch ein "+" dran (für den interessanten Abspann).



Note: 3+



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