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Brokeback Mountain



Land: USA
Laufzeit: 134 Minuten
FSK: 12
Starttermin: 9. März 2006

Genre: Western-Liebes-Drama

Regie: Ang Lee
Drehbuch: Larry McMurtry, Diana Ossana
Darsteller: Heath Ledger, Jake Gyllenhaal, Anne Hathaway, Michelle Williams, Randy Quaid, Scott Michael Campbell, Linda Cardellini, Anna Faris, Kate Mara, Cheyenne Hill, Brooklynn Proulx, Tom Carey, Graham Beckel, Steve Eichler, David Harbour, Mary Liboiron, Roberta Maxwell, Mary McBride, Steven Cree Molison, Hannah Stewart
Kamera: Rodrigo Prieto
Schnitt: Geraldine Peroni, Dylan Tichenor
Musik: Gustavo Santaolalla








"Brokeback Mountain" - wohl jeder hat von diesem Film mittlerweile zumindest schon mal etwas gehört. Wie kaum ein anderer beherrschte er in den letzten Wochen und Monaten die Medien. Einerseits aufgrund seiner inhaltlichen Aspekte (der Tabubruch), andererseits dank des unglaublichen Erfolgs bei Auszeichnungen und Festivals. Natürlich stellt sich nun die Frage, ob all die Aufregung auch wirklich begründet ist.

1963 im US-Bundesstaat Wyoming: Die beiden Cowboys Ennis Del Mar (Heath Ledger) und Jack Twist (Jake Gyllenhaal) sind auf der Suche nach Arbeit und finden diese auch; oben beim Brokeback Mountain. Ihre Aufgabe besteht darin, Schafe zu hüten. Mehrere Monate lang. In der Einsamkeit werden sich die beiden Männer zunehmend sympathischer. Als sie eine Nacht gemeinsam in einem Zelt verbringen, werden sie von ihrer Leidenschaft füreinander überrollt und schlafen miteinander. Wenig später ist die Arbeit getan und sie gehen getrennte Wege. Beide verlieben sich in eine Frau, gründen eine Familie, bekommen Kinder. Doch als sie sich einige Jahre später erneut treffen, wird sofort klar, dass die Gefühle füreinander noch längst nicht erloschen sind. Es ist eine Liebe zur falschen Zeit am falschen Ort, die stets geheim gehalten werden muss und ein geordnetes Leben für beide nicht zulässt.

Erst waren es die Golden Globes, und davon gleich vier Stück, auch für den besten Film. Dann die Oscars, diesmal nicht für den Film, jedoch für Regie, Musik und adaptiertes Drehbuch. Damit hier nicht gleich ein falscher Eindruck entsteht, sei zunächst gesagt, dass es sich bei "Brokeback Mountain" um einen Film handelt, der aufgeschlossenen Menschen nicht weh tut, hin und wieder recht witzig ist, über weite Strecken eigentlich ganz ordentlich unterhält, mit wunderschön komponierter Musik und herrlichen Landschaftsaufnahmen aufwarten kann und für seinen Mut gelobt werden darf. Aber: "Brokeback Mountain" ist - zumindest meiner bescheidenen Meinung nach - nicht der große Film, zu dem er von der überwältigenden Mehrheit der Medien gemacht wird und den man aufgrund der zahlreichen Preise und Ehrungen hätte erwarten dürfen.

Nachdem die erste Filmstunde eigentlich noch einen richtig guten Eindruck hinterlässt, geht anschließend so einiges schief. Ang Lee scheint zunehmend die ursprüngliche Geschichte aus den Augen zu verlieren und hält sich mit allerhand belanglosen, leider sogar langweiligen Szenen auf. Die Handlung des Films stagniert, Entwicklung ist nicht erkennbar und das Ende wird unnötig hinausgeschoben. Somit ist klar, dass der Film mit seinen 134 Minuten auch viel zu lang geraten ist und nach spätestens 100 Minuten hätte beendet sein müssen. Doch mit einem Film mit Überlänge lässt sich bei der Academy wohl leichter Eindruck schinden. Hinzu kommen, auch über die gesamte Dauer gesehen, grundlegende Probleme: Die Dialoge sind nicht viel mehr als Durchschnitt und gut ausgearbeitete Charaktere sehen auch irgendwie anders aus. Der ganze Film scheint sich lediglich auf die Ausgangslage "zwei Cowboys verlieben sich ineinander" zu stützen und bricht mit zunehmender Dauer ganz allmählich zusammen. Auch wollen sich die ganz großen Gefühle ganz einfach nicht einstellen. Klar: Ein, zwei Mal bewegt "Brokeback Mountain" schon ein wenig, doch bringt er einen zum Weinen? Nein, leider nicht mal ansatzweise. Auch mit der Musik ist das so eine Sache: Wie erwähnt ist sie wunderschön, doch wiederholt sie sich leider viel, viel zu oft.

Ein wenig Kritik müssen sich auch Heath Ledger und Jake Gyllenhaal gefallen lassen. Man tut sich schwer damit, ihnen die großen Emotionen abzukaufen. So will ein Streit, den sie gegen Ende führen, so überhaupt nicht auf den Zuschauer wirken, da speziell in dieser Szene die Beiden eben nur Schauspieler sind und nicht mit ihren Rollen verschmelzen, so wie es die Großen in diesem Geschäft tun. Da "Brokeback Mountain" einen erzählten Zeitraum von vielen Jahren umfasst, erweist sich auch die Entscheidung, zwei später knapp 40-Jährige von zwei Darstellern Mitte 20 verkörpern zu lassen, als kapitaler Fehler. Gyllenhaal kriegt einen Schnauzer - das war's. Sorry, aber von der ersten bis zur letzten Minute sehen sie im Grunde immer gleich aus, so dass man ihren Charakteren das Altern einfach nicht abkauft.

Die Befürchtung, dass sich der Großteil vom Thema der Homosexualität in diesem Film hat blenden lassen, erweist sich leider als richtig. Sieht man einmal davon ab, dass die beiden Liebenden gleichgeschlechtlich sind, unterscheidet sich "Brokeback Mountain" nicht von anderen Liebes-Dramen. Auch das Scheitern der "normalen" Beziehungen, die sie führen, ist nur zu einem kleinen Teil auf den Umstand, dass sie schwul sind, zurückzuführen. Mut, tolle Landschaftsaufnahmen, klasse Darsteller - mehr liest man in den meisten Kritiken nicht und trotzdem reicht es sehr oft zur Höchstwertung. Es scheint, als sammelt dieser Film allein durch den Tabubruch schon massig Extrapunkte. Die meisten Rezensenten lassen in ihren Werken durchklingen, wie aufgeschlossen sie doch sind und wohl gerade deshalb meinen, den Film so hoch bewerten zu müssen. Doch sieht es nicht eigentlich anders aus? Wäre man wirklich aufgeschlossen, würde man den Film dann nicht wie jeden anderen auch behandeln müssen? Aus einem neutralen Blickwinkel heraus? Und da bleibt leider nicht mehr als guter Durchschnitt übrig.



Note: 3+



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