Collateral
|
Land: |
USA |
Laufzeit: |
120 Minuten |
FSK: |
16 |
Starttermin: |
23. September 2004 |
|
Genre: Thriller
Regie: |
Michael Mann |
Drehbuch: |
Stuart Beattie, Frank Darabont, Michael Mann |
Darsteller: |
Tom Cruise, Jamie Foxx, Jada Pinkett Smith, Mark Ruffalo, Peter Berg, Irma P. Hall,
Bruce McGill, Barry Henley, Richard T. Jones, Klea Scott, Bodhi Pine Elfman,
Debi Mazar, Javier Bardem, Emilio Rivera |
Kamera: |
Paul Cameron, Dion Beebe |
Schnitt: |
Jim Miller, Paul Rubell |
Musik: |
James Newton Howard |
Michael Mann gilt als einer der besten und innovativsten Regisseure Hollywoods. Mit "Heat" und "The Insider" schuf er zwei Filme, die sowohl von den Kritikern, als auch den Fans bejubelt wurden. Zwar fand seine Boxer-Biographie "Ali" mit Will Smith in der Hauptrolle weit weniger Anklang bei diesen beiden Parteien, die Erwartungen auf sein neuestes Werk "Collateral" waren nichts desto trotz hoch gesteckt. Und was soll man sagen - dieser Film ist absolut top.
Wir lernen zu Beginn Max (Jamie Foxx) kennen, einen Taxi-Fahrer in L.A., der schon seit zwölf Jahren diesem Beruf nachgeht und davon träumt, eines Tages ein eigenes Limousinen-Unternehmen zu gründen. Gerade fährt er Annie (Jada Pinkett Smith), eine junge und viel beschäftigte Staatsanwältin, durch die Stadt, es kommt zu einem kleinen Flirt und die Beiden verabreden sich mehr oder weniger zu einem weiteren Treffen. Mittlerweile ist die Nacht in der Metropole eingekehrt, dem Leben in den Straßen und besonders Clubs tut das jedoch keinen allzu großen Abbruch. Max' nächster Fahrgast, Vincent (Tom Cruise), bietet ihm einen Deal an: Er kutschiert ihn die ganze Nacht zu fünf verschiedenen Adressen und schließlich zum Flughafen und erhält dafür 600 Dollar. Etwas widerwillig stimmt Max dem Deal zu. Wenige Minuten später setzt er Vincent bei seiner ersten Adresse ab, als ihm plötzlich ein Mann aufs Autodach stürzt. Es dauert nicht lange, bis er erkennt, dass Vincent kein gewöhnlicher Fahrgast, sondern ein Auftragskiller ist, der ihn nun dazu zwingt, ihn von einem Mord zum anderen zu chauffieren. Max bleibt Wohl oder Übel keine andere Wahl, allerdings versucht er permanent, so bald sich ihm die Gelegenheit bietet, dem Killer zu entkommen, die Aufmerksamkeit der Polizei zu erregen oder ihn ganz einfach am Morden zu hindern.
So sieht die Ausgangssituation in diesem Thriller aus und verständlicherweise lässt sich bis jetzt noch nicht erkennen, wo genau hier irgendwelche Innovationen liegen sollen. Denn diese findet man weniger in der zugegebenermaßen eher simplen Handlung, als vielmehr in der Art und Weise, wie sie und das ganze Drumherum inszeniert wurde. Zu diesem Drumherum gehört in diesem Falle unter anderem Los Angeles. Eine Großstadt bei Nacht, an sich nichts Besonderes, doch Mann macht daraus etwas Besonderes. Da lässt er die Handlung ruhen und seine Charaktere schweigen und zeigt einfach mal ein paar wunderschöne, atmosphärische, überwiegend mit Digitalkameras aufgezeichnete Bilder dieser beeindruckendem Stadt. Dabei verliert er jedoch den Hauptschauplatz der Handlung, das Taxi, nur selten aus den Augen. Mal zeigt er es aus der Draufsicht von ganz weit oben, wie es sich durch die Straßen von L.A. bewegt, mal aus der Nahansicht mit seinem Fahrer und Fahrgast. In einer Szene läuft ein Wolf mit seinen funkelnden Augen direkt vor dem Auto über die Straße - eine Szene, die auf den ersten Blick rein gar nichts zur Handlung beiträgt und normalerweise überhaupt nichts in einem Film dieses Genres zu suchen hat. Doch irgendwie scheint sie sich auch auf die beiden Hauptakteure auszuwirken und das wiederum lässt den Zuschauer nicht unberührt.
Für einen Thriller dreht sich sowieso verhältnismäßig viel um das Gefühlsleben der Charaktere. Wo in anderen Filmen Autos im Minutentakt durch die Luft fliegen und explodieren und wilde Schießereien den Ton angeben, dominieren in diesem Film tatsächlich die stillen Momente. Natürlich mangelt es auch hier nicht an Actioneinlagen, allerdings sind diese überaus wohldosiert. Zwar können auch in diesem Film die Widersacher einem Hauptcharakter, Vincent, bei Schusswechseln nicht das Wasser reichen, hier wirkt das jedoch ganz einfach viel nachvollziehbarer als in anderen Filmen, wie zum Beispiel unzähligen Van-Damme-Streifen. Dies liegt zum Einen daran, dass Vincent ein eiskalter, professioneller Auftragskiller ist und zum anderen an der glaubwürdigen, fabelhaften und dynamischen Inszenierung. Doch oftmals schweigen die Waffen und die Charaktere reden. Kein plumpes, überflüssiges Zeug, sondern durchdachte, intelligente und oftmals witzige Dialoge. Dialoge, die es schaffen, Max als absoluten Sympathieträger zu etablieren, aber eben auch Vincent eine menschliche Seite zu verleiben.
Bei allen Sympathiezugeständnissen, die Mann dem Zuschauer gegenüber Vincent erlässt, in etwa wenn er sich von zwei Kleinkriminellen sein "Arbeitsmaterial" zurückholt, das diese zuvor dem hilflosen Max entwendet haben, verleugnet er niemals dessen wahre Besinnung, nämlich zu Töten - eiskalt. "Collateral" ist vordergründig ein Thriller, aber unter seiner Oberfläche versteckt sich ein Charakterfilm, ein Drama, das von zwei gar nicht mal so unterschiedlichen Personen handelt. Einem Taxifahrer, der sich vielleicht unerreichbare Ziele setzt und sich zu einer Art Held entwickelt, und einem Auftragskiller, der seine eigene Motivation hinterfragen muss und dessen Gefühle, Gift für seinen Beruf, ihn vielleicht tatsächlich das Leben kosten könnten. Zuviel soll an dieser Stelle natürlich nicht verraten werden.
An Tom Cruise werden sich mit höchster Wahrscheinlichkeit auf ein Neues die Geister scheiden. Aus meiner Sicht liefert der letzte Samurai (so die Übersetzung seines jüngsten Glanzauftritts in "Last Samurai") erneut eine hervorragende Darbietung ab, wirkt mit seinen grauen Haaren, den vielen lockeren Sprüchen und nicht zu letzt aufgrund seiner Leistung einfach unglaublich cool und überzeugend. Taxifahrer Jamie Foxx steht ihm da nicht wirklich viel nach, auch wenn sich das Hauptaugenmerk auf Cruise richten dürfte. Foxx wirkt nicht nervig, sondern ganz einfach sympathisch und verkörpert seinen Charakter und dessen Wandel zum mutigen Helden ebenfalls überzeugend. Jada Pinkett Smith wird neben den beiden Erwähnten wohl die meiste Zeit geschenkt, aber auch sie hält gut mit.
Doch welche Schwachstellen verhindern nun, dass es "Collateral" nicht zum unerreichbaren Meisterwerk bringt? Eigentlich keine, zumindest keine, die sich eindeutig als jene festlegen lassen. Die einen werden bemängeln, dass sich im Filmverlauf ein paar Zufälle zu viel zeigen, die anderen werden entgegensetzen, dass für die Handlung eben ein paar verschmerzbare Zugeständnisse gemacht werden müssen. Tatsache ist, dass einige Zufälle den Film vor einem frühzeitigen Ende bewahren. Tatsache ist aber auch, dass keiner dieser Zufälle so immens unglaubwürdig ist, als dass er wirklich stören würde. Die einen werden kritisieren, dass so etwas wie Spannungsaufbau und -steigerung nie wirklich stattfinden, die anderen werden kontern und behaupten, dass der Film seine Spannung aus unzähligen Einzelmomenten bezieht. Mit der Spannung ist es tatsächlich so eine Sache. Bis zum fulminanten Showdown geht der Film ein recht gemächliches Tempo und so etwas wie Spannung kommt wirklich nur in einzelnen, nervenaufreibenden Momenten vor, allerdings werden auch hier wieder Zugeständnisse an die Entwicklung der Charaktere gemacht. Und selbst Nörgler müssen eingestehen, dass gegen Ende dann so richtig die Post abgeht.
Wer also unbedingt ein Haar in dieser grandiosen Suppe sucht, wird auch sicherlich eines finden, alle anderen dürfen einen hervorragenden Film mit minimalen, kontroversen Schwächen genießen. Einen Film mit zwei starken Hauptdarstellern, einem abenteuerlichen Trip durch das wunderschöne nächtliche Los Angeles, ganz viel charakterlicher Tiefe, stimmungsvoller musikalischer Untermalung und schließlich für alle, die nicht darauf verzichten können - einer guten Portion Action. Im Ergebnis ist "Collateral" der wohl coolste Film des Jahres.
Note: 1-
|