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Das Mädchen aus dem Wasser



Land: USA
Laufzeit: 109 Minuten
FSK: 12
Starttermin: 31. August 2006

Genre: Fantasy-Thriller

Regie: M. Night Shyamalan
Drehbuch: M. Night Shyamalan
Darsteller: Paul Giamatti, Bryce Dallas Howard, Jeffrey Wright, Bob Balaban, Sarita Choudhury, Cindy Cheung, M. Night Shyamalan, Freddy Rodriguez, Bill Irwin, Mary Beth Hurt, Noah Gray-Cabey, Jared Harris, Joseph D. Reitman, Grant Monohon
Kamera: Christopher Doyle
Schnitt: Barbara Tulliver
Musik: James Newton Howard








Shyamalan polarisiert mit seinen Werken. Wie kaum ein anderer in den letzten Jahren. 1999 war die Welt noch in Ordnung, mit dem Mega-Twist-Klassiker "The Sixth Sense" gelang M. Night der große Durchbruch - alle liebten ihn. "Unbreakable" bedeutete 2000 für viele einen kleinen Rückschritt, nach wie vor jedoch auf recht hohem Niveau. 2002 folgte für die eine Hälfte lediglich der zwischenzeitliche Tiefpunkt, für die andere allerdings nur noch ein weiterer Teil im tiefen Fall. Grund: ein Drehbuch, das sich bisweilen der Lächerlichkeit Preis gab sowie eine Schlusspointe als schlechten Witz.

2004 schließlich begann die Spaltung in "love him"- or "hate him"-Gruppen. Denn während "The Village" für die einen einen weiteren kläglich gescheiterten Versuch der Schlusswendung darstellt und für diese zudem spätestens nun der Zwang zur Publikumsverarschung offensichtlich wurde, entdeckten andere, zu denen auch ich mich zähle, in Shyamalans viertem bekannten Werk sein persönliches Meisterstück; eine Mischung aus Liebes-Drama, Gesellschaftskritik, gemischt mit einer guten Portion Mystery-Thriller und einer Schlusswendung, die unaufdringlicher gar nicht hätte ausfallen können - eine nette Zugabe für alle, die sich danach gesehnt haben, sozusagen. Und nachdem sein Drehbuch erstmals wirklich funktionierte, setzte er seinen Film meisterhaft und wunderschön bebildert in Szene - und fertig ist sein Karriere-Highlight. Doch zurück zum Stichwort "polarisieren". Genau das macht "Das Mädchen aus dem Wasser" noch viel stärker als jeder der Vorgängerfilme Shyamalans. Und es bleibt ganz klar festzustellen, dass die "hate him"-Gruppe das Übergewicht gewonnen hat. Für viele ist der einstige geniale Kopf nur noch ein böser, selbstverliebter Scharlatan (der aber immerhin - zumindest vorläufig - seinen Zwang zum am-Ende-alles-auf-den-Kopf-Stellen abgelegt hat).

Cleveland Heep (Paul Giamatti) ist Hausmeister in einer kleinen Blockförmigen Appartement-Anlage in größtenteils freundlicher Atmosphäre. Nachts schleicht sich nun schon seit einigen Tagen ein Eindringling in den zentral gelegenen Swimming Pool, bei dem es sich zu Clevelands Überraschung um eine nackte Frau handelt (zumindest wäre sie das, hätte sie sich nicht sein Hemd geliehen), die sich als eine "Narf" ausgibt. Mithilfe einer Bewohnerin der Anlage findet Cleveland heraus, dass es sich dabei um eine Meerjungfrau handelt, die einer Gute-Nacht-Geschichte entsprungen ist. Sie steigt aus dem Wasser, um den Menschen die Erleuchtung zu bringen und verschwindet dann wieder in ihre Welt. Nachdem Story - so ihre Name - ihren Auftrag erfüllt hat, wird sie jedoch an ihrer Rückkehr gehindert - von einem Werwolfähnlichen Wesen. Der Geschichte zufolge kann Story die Rückkehr nur gelingen, wenn eine bestimmte Gruppe von Menschen, darunter ein "Wächter" und eine "Gilde", ihr dabei helfen. Stellt sich nur noch die Frage: Wie genau findet man diese Personen?

Narfs, böse Wesen, Bestimmung, Erleuchtung - erstmals verlässt Shyamalan das Mystery-Genre - vielleicht weil er selbst der Meinung gewesen ist, sich dort ein wenig festgefahren zu haben - und steigt um auf Fantasy. Für sein Publikum nicht einfach zu verdauen, denn auf einigermaßen plausible Erklärungen kann es hier lange warten - in dieser neuen Welt ist alles möglich. Insofern ist es sehr geschickt, dass Shyamalan mit seiner fantasievollen Strichmännchen-Einleitung gleich die Richtung vorgibt und den Zuschauer das Vorhandensein von Meerjungfrauen und somit weiteren einhergehenden Fantasy-Elemeten als Grundlage serviert. In der folgenden knappen Stunde geht dann auch nicht wirklich viel schief und man wähnt sich bereits in einem annähernd würdigen "The Village"-Nachfolger: Shyamalan installiert seinen wieder einmal sehr bunten Figurenkosmos, etabliert Cleveland als sympathischen Hauptcharakter und fährt zudem auf einer ungewohnt humorvollen Schiene. Ebenfalls neu: Der Autor und Regisseur gönnt sich wie in jedem seiner bisherigen Filme einen Gastauftritt, dieses Mal jedoch gleich in einer der größeren Nebenrollen. Keine so schlechte Idee. Ja, "Das Mädchen aus dem Wasser" hat in dieser Phase einige dieser besonderen Momente, die an Großes glauben lassen.

Leider ein Irrglaube, wie sich im Schlussdrittel herausstellt. Man kann vom "Signs"-Syndrom sprechen, wenn man die eklatantesten Schwachpunkte erklären möchte: So wird man des Öfteren von einem ähnlichen Gefühl befallen, wie dies am Ende von "Signs" bereits der Fall gewesen ist - zur Erinnerung: "Hau ihn weg". Es wird einfach alles zu fantastisch und absurd. Den Balanceakt zwischen Glaubwürdigkeit und Fantasy, den Shyamalan zuvor so souverän gemeistert hat, bekommt er plötzlich nicht mehr hin. Im Drehbuch herrscht - wieder einmal - völliges Chaos. Der Zuschauer blickt kaum noch durch, welche Figur wozu genau eigentlich da ist und "weit hergeholt" ist sowieso gar kein Ausdruck mehr. Wirklich schade, dass die alten Schwächen wieder zum Vorschein kommen. Eine finale Mini-Wendung schließlich besitzt dann wirklich schon den "Hau ihn Weg"-Charakter - nur ist sie nicht von so zentraler Bedeutsamkeit.

Doch immerhin findet sich in diesem Abschnitt die wohl beste Szene des Films wieder: ein Filmkritiker, der auf der Suche nach wahrer Originalität in dieser Welt ist, beginnt im Angesicht des Todes über seine Überlebenschancen zu spekulieren. Als Grundlage dienen ihm hierbei die Klischees, die sich um unbeliebte Charaktere ranken sowie der Gewalt/Sex-Gehalt im bisherigen Filmverlauf - ein selbstironisch-genialer Moment, der wunderbar bekannte Hollywood-Strickmuster auf die Schippe nimmt.

Welche Worte wurden dem Herrn Shyamalan in diversen Kritiken nicht alle an den Kopf geworfen. "Arrogant" und "selbstverliebt" gehörten dazu. Doch worin bitte soll sich diese Arroganz denn zeigen? Dass er sich selbst eine größere Rolle gönnt? Oder dass er eine Gute-Nacht-Geschichte für seine Tochter auf die Leinwand bringt? Oder vielleicht dass er in der zweiten Hälfte den einen oder anderen Fehler begeht? Nein, die angebliche Präsenz von Arroganz erschließt sich mir nicht so ganz. Im Gegenteil: Selbst für diesen Film darf man Shyamalan noch dankbar sein, denn auch wenn er als Drehbuchautor noch die eine oder andere Überstunde schieben muss, unterscheiden sich seine Geschichten stets wohltuend von denen der Konkurrenz. Und der Regisseur Shyamalan besitzt sowieso seinen ganz eigenen Stil, geht seinen eigenen Weg. Ungewöhnliche Kameraperspektiven charakterisieren ihn im Wesentlichen. Und auch sonst ist alles im grünen Bereich: Die Fantasy-Wesen sehen beeindruckend und Furchterregend aus und James Newton Howard unterlegt einmal mehr einen Shyamalan-Film mit großartiger, dieses Mal vor allem gefühlvoller und sanfter Musik, auch wenn sie ein wenig an "The Village" erinnert.

Nachdem nun sicherlich schon ein Dutzend Mal der Name des Regisseurs gefallen ist, erhält auch Hauptdarsteller Paul Giamatti, bekannt u.a. aus "Sideways", seine Bewertung: 1. Glatt. Giamatti ist einer dieser Schauspieler, bei dem es einfach eine Freude ist, seinem teils sehr nuancierten Spiel zuzusehen. Und dem Gesetz der Serie folgend, dürften wir ihn im nächsten "Name des Regisseurs"-Film wiedersehen, siehe Willis und Phoenix. Und siehe natürlich auch Bryce Dallas Howard, die hier das zweite Mal seinen Anweisungen Folge leistet. Diesmal als bezaubernde Meerjungfrau Story, deren Angst und Unsicherheit sie einfach perfekt zum Ausdruck bringt - man möchte sie den ganzen Film über einfach nur in den Arm nehmen und ihr sagen "Keine Angst, kleine Story - alles wird gut". Und was liefert eigentlich der momentan vielleicht most hated director ab? Auf jeden Fall keine Fehlleistung. Shyamalan war wohl so clever, sich eine Rolle zu schreiben, in der er auch ohne überragendes schauspielerisches Talent überzeugen kann.

Seine Stärken liegen sowieso woanders, nur kann er sie im Falle von "Das Mädchen aus dem Wasser" leider nur teilweise zum Ausdruck bringen. Alles passt soweit: Regie, Schauspielerleistungen, Kamera, Musik, Computer-Animationen. Doch leider fehlt in dieser Aufzählung das Herzstück eines jeden Films: das Drehbuch. Schade, schade, dass Shyamalan mit fortgeschrittener Laufzeit immer mehr die Kontrolle über seine Geschichte verliert und die anfänglich sehr positiven Ansätze irgendwann verblassen. Sei's drum: "Das Mädchen aus dem Wasser" ist wohl sein schwächster Film, jedoch immer noch gut genug, um anständig zu unterhalten. Die individuelle Wirkung - man muss sich überraschen lassen. Von ähnlichen Empfindungen wie meinen, bis hin zu totalem Entsetzen in der einen und schierer Fassungslosigkeit ob der Genialität in der anderen Richtung dürfte eigentlich alles drin sein. Ich vermute allerdings, dass dieser Film bei der Mehrheit ein eher unbefriedigendes Gefühl hinterlässt.



Note: 3+



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