Departed: Unter Feinden
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Land: |
USA |
Laufzeit: |
155 Minuten |
FSK: |
16 |
Starttermin: |
7. Dezember 2006 |
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Genre: Krimi-Drama
Regie: |
Martin Scorsese |
Drehbuch: |
William Monahan |
Darsteller: |
Leonardo DiCaprio, Matt Damon, Jack Nicholson, Mark Wahlberg, Martin Sheen, Ray Winstone,
Vera Farmiga, Alec Baldwin, Anthony Anderson, Kevin Corrigan, Badgett Dale, David O'Hara,
Mark Rolston, Robert Wahlberg, Kristen Hocking |
Kamera: |
Michael Ballhaus |
Schnitt: |
Thelma Schoonmaker |
Musik: |
Howard Shore |
"Martin Scorsese" und "Remake" - ein Regisseur und ein Begriff, die man bisher wohl kaum miteinander in Verbindung gebracht hätte. Egal - wir reiben uns kurz verwundert die Augen und schnalzen anschließend mit der Zunge bei einem Blick auf die Besetzungsliste: Jack Nicholson, Matt Damon, Mark Wahlberg, Martin Sheen und Alec Baldwin. Wenn wir uns jetzt noch einmal in Erinnerung rufen, dass ein gewisser Martin Scorsese Regie führt und natürlich Leonardo DiCaprio mitbringt, steht hier wohl abschließend nicht weniger als einer der besten Filme des Jahres an. Oder?
Boston: Billy (DiCaprio) und Colin (Damon) könnten unterschiedlicher kaum sein, doch besitzen sie trotz alledem drei prägnante Gemeinsamkeiten. Nummer 1: Sie absolvieren beide die härteste Ausbildung, die man sich vorstellen kann, bei der State Police. Nummer 2: Sie teilen sich den weiblichen Psychiater - Madolyn (Vera Farmiga). Und Nummer 3: Sie befinden sich - der deutsche Titel verrät es - unter Feinden. Während Gangsterboss Costello (Nicholson) Colin bei der Bostoner Polizei einschleust, setzt eben jene Billy auf den Schwerverbrecher an - Undercover. Beide Parteien erhoffen sich dadurch natürlich einen Informationsvorsprung, doch nehmen sowohl Costello als auch die Polizei bald Kenntnis davon, dass sich ein Spitzel in den eigenen Reihen befindet. Die Frage ist nun: Wer fliegt zu erst auf? Und wer kommt aus dieser Sache noch lebend raus?
Ist das originell? Nein, wahrlich nicht. Wie könnte es ein Remake auch sein... Am Höchsten anzurechnen ist es Scorsese und Drehbuchautor William Monahan wohl, wie viel sie aus dieser an sich doch sehr simplen Grundkonstellation herausholen. Es fällt nicht immer leicht, den Überblick zu behalten; "Departed" ist ein wahrlich komplexes Werk. Ist das ein Freifahrtschein für Qualität? Leider nicht. 155 Minuten dauert das Ganze - wie könnte ein Scorsese auch ohne exorbitante Überlänge auskommen? Bis der Film richtig Fahrt aufnimmt, ziehen mehr als 100 Minuten ins Land. Bis dahin bietet sich dem Zuschauer mal sehr gute Unterhaltung, mal weniger gute - im Durchschnitt aber eben "nur" gute. Gänzlich langweilig präsentiert sich leider die Story um Madolyn - der größte Schwachpunkt, eindeutig. Interessant hingegen wird's immer dann, wenn man den Gesprächen der Cops lauschen darf, die so gar nicht dem Hollywood-Bild entsprechen und deren jedes zweite Wort sich um sexuellen Tätigkeiten, Körperöffnungen und Sonstiges dreht - gemeint sind hierbei allerdings Beschimpfungen. Aber um diese ersten 100 Minuten mal auf den Punkt zu bringen: Es fehlt einfach an Spannung. Punkt.
So richtig interessant wird's eigentlich das erste Mal, als einer der Beiden die Stricke um den anderen immer enger zusammen zieht - dabei ist aber nicht die Szene im Kino gemeint, sondern die spätere. Von da an geht's im Grunde Schlag auf Schlag und jedes weitere Wort wäre in Anbetracht des nun folgenden Ereignisreichtums eigentlich schon zu viel. Definitiv wird das (etwas gröber gefasste) Ende für hitzige Debatten sorgen. Der grandiose Wahnsinn? Am Rande der Selbstparodie? Die logische Konsequenz der Geschichte? Die billigste Lösung? Die Meinungen werden auseinander gehen. Ich - für meinen Teil - drücke es mal so aus: Die Szene, die den ganzen Mechanismus in Gang setzt, bricht dermaßen hart und überraschend über den Zuschauer herein, dass die gesamten Folgeminuten daraus noch Kraft schöpfen. Gleiches trifft dann im Grunde auch auf den "letzten Akt" zu, nur empfindet der Zuschauer hier anders - logisch. Wunderbar ist auch die letzte Einstellung, die mit einem mehr oder weniger süßen Tierchen zu tun hat - Scorsese weiß halt, wie man einen Film zu Ende bringt. Übrigens: Zu vergleichen ist die Eskalation der Gewalt im Schlussabschnitt ein wenig mit den Ereignissen aus dem Klassiker "Taxi Driver".
Dass "Departed" recht deutlich am Meisterwerk vorbei schrammt, ist nicht nur auf die Spannungsarmut der ersten zwei Drittel des Films zurückzuführen, sondern auch auf die Leistungen der Darsteller, die im Großen und Ganzen nicht enttäuschen, von denen man sich aber mehr versprochen hätte. DiCaprio spielt gut, kommt jedoch nicht an seine Darbietungen in "Gangs of New York" und "Aviator" heran. Während auch Nicholson einen guten Eindruck hinterlässt, jedoch gelegentlich zum over-acting neigt, veranstaltet Damon das genaue Gegenteil: Er bleibt schier blass. Wieder einmal. Die Überraschung des Films ist demzufolge ein anderer: Mark Wahlberg. Ja, richtig gelesen. Wahlberg läuft als arroganter Arsch in Gestalt eines Polizei-Vorgesetzten zur Höchstform auf und ist sicher ein Oscar-Kandidat.
Für jene Oscars wird "Departed" wohl in mindestens fünf wichtigen Kategorien nominiert sein. Und nicht wenige sagen, dass Scorsese nun endlich für die beste Regie ausgezeichnet wird. Es wäre schon merkwürdig - wenn dies als Lohn für einen für seine Verhältnisse eher schwächeren Film geschehen sollte. Wirft man einen Blick in die jüngere Vergangenheit: Sowohl "Aviator" als auch - und vor allem - "Gangs of New York" waren bessere Filme. "Departed" hätte das Zeug zum Meisterwerk gehabt, kommt aber über gute Ansätze nicht hinaus. Viele tolle Momente, doch betrachtet man das Gesamtbild, entdeckt man den einen oder anderen Schönheitsfehler. Scorsese dreht also einen eher schwächeren Film. Übertragen auf die Kino-Normalität heißt das trotzdem: "Departed" ist gute und harte Unterhaltung, die jedem Fan von Cop-Gauner-Storys ans Herz gelegt sei.
Note: 2
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