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Der Fluch der Betsy Bell



Land: USA
Laufzeit: 90 Minuten
FSK: 16
Starttermin: 11. Januar 2007

Genre: Grusel-Thriller

Regie: Courtney Solomon
Drehbuch: Brent Monahan, Courtney Solomon
Darsteller: Rachel Hurd-Wood, Donald Sutherland, Sissy Spacek, James D´ Arcy, Matthew Marsh, Thom Fell, Sam Alexander, Zoe Thorne, Miquel Brown, Shauna Shim
Kamera: Adrian Biddle
Schnitt: -
Musik: Caine Davidson








"Das ergibt doch alles keinen Sinn." - worauf ich mit dieser Aussage hinaus möchte, lässt sich vermutlich erahnen. Hierbei handelt es sich um einen Gedanken, der im Laufe von "Der Fluch der Betsy Bell" nicht nur einmal über den Zuschauer herein bricht. Einen derartigen Schwachsinn, wie ihn dieser Grusel-Thriller zeigt, hat man schon lange nicht mehr zu Gesicht bekommen.

Die Tochter hat mit Albträumen zu kämpfen, in denen sie von einem - Achtung: Innovation! - unheimlichen kleinen Mädchen in einem weißen Kleid heimgesucht wird. Ihre Mutter zieht sich noch schnell einen Wodka rein und macht sich anschließend über etwas fast 200 Jahre altes Tagebuchartiges her, das die Geschichte vom Fluch der Betsy Bell (Rachel Hurd-Wood) erzählt. Betsy ist noch ein Kind und lebt Anfang des 19. Jahrhunderts gemeinsam mit ihrer Familie in einem großen Haus. Als ihr Vater (Donald Sutherland) eines Tages vor Gericht eine Niederlage einfährt und anschließend zu allem Übel noch von der Angeklagten, die gemeinhin als Hexe gilt, verflucht wird, nimmt das Schicksal seinen unheilvollen Lauf. Die gesamte Familie, aber ganz besonders Betsy, hat fortan unter scheinbar übersinnlichen Angriffen zu leiden und wird offensichtlich von bösen Geistern heimgesucht. Die Hexe scheint ihre Ankündigung in die Tat umgesetzt zu haben ...

"Der Exorzismus von Emily Rose" entwickelte sich Ende 2005 zu einem kleinen Überraschungshit und wurde von mehr als 700 000 Menschen hierzulande gesehen. Dies dürfte wohl einer der Gründe gewesen sein, warum aus "An American Haunting" kurzerhand "Der Fluch der Betsy Bell" wurde, ein ähnlich anmutender Titel. In ähnliche Besucherregionen vorzustoßen, dürfte jedoch ziemlich schwer fallen, denn - machen wir uns mal nichts vor - dieser Film ist grottenschlecht und wird vollkommen zurecht von der Presse verrissen. Einzig löblich ist im Grunde der Versuch, mal wieder vermehrt auf Grusel, statt auf blutrünstigen Horror zu setzen.

Das Hauptproblem lässt sich in etwa so umschreiben: Ereignislosigkeit des Grauens. Nachdem in den ersten zwanzig Minuten die Charaktere, natürlich aufs Nötigste beschränkt, vorgestellt werden und der Zuschauer mit der Handlung vertraut gemacht wird, kann die Gruselei beginnen. Dumm nur, dass sämtliches Pulver bereits nach fünf Minuten verschossen ist. Mal schweben wir aus der Sicht eines unsichtbaren, aber - was sich anhand der Reaktion der Charaktere erkennen lässt - vorhandenen Wesens durch den Raum und schauen uns die entsetzten Gesichter an, mal befinden wir uns im Zimmer von Betsy und erleben mit, wie irgendetwas ihre Bettdecke herunterzieht, die Fenster aufreißt, die Tür zuschmeißt, das Mädchen durch den Raum wirft, es ohrfeigt und zudem einen Höllenlärm verursacht. Wieder und wieder und wieder. Eine volle Stunde immer derselbe Mist. Worst of Horror in der Endlosschleife. Ganz ehrlich: Wenn Regisseur Courtney Solomon im Audiokommentar verkünden würde, dass im Grunde dasselbe Drehmaterial mehrfach verwendet wurde - es wäre keine Überraschung.

Das mag handwerklich vielleicht noch in Ordnung gehen, aber diesen Spielchen geht ebenso wie der gesamten Handlung jeglicher Sinn abhanden. Natürlich erschreckt man auch gelegentlich, aber auch nur, weil mal wieder jemand zu stark am Sound-Regeler gedreht hat - der billige Schock, wie ich es mal nennen möchte. Zusätzlich zu dieser ganzen Ödnis wird man zu allem Überfluss auch noch mit einem Drehbuch malträtiert, das sich für überaus clever hält, indem es plötzlich eine Person aus dem Schlaf erwachen lässt und das eben Geschehene nur als Traum erklärt. Wow - eine weitere Innovation. Beim ersten Mal geht das noch in Ordnung, beim zweiten Mal ist es schon ärgerlich, doch spätestens ab dem dritten Mal möchte man einfach nur noch seinen Popcorn mampfenden Nachbarn packen und auf den Projektor, zumindest gegen die Leinwand werfen. Dass hier auch noch jede Übersicht über Traum und Realität verloren geht - nennen wir es mal das i-Tüpfelchen. Wobei diese Bezeichnung wohl eher auf die Wendung zum Schluss zutrifft. Bis dahin ist dieser Film lediglich bescheuert - nun ist er es hochgradig.

Umso erstaunlicher, dass es trotzdem eine richtig gute Szene gibt, die so etwas wie Talent erahnen lässt: eine spektakuläre Kamerafahrt, begleitet von einer so gut wie möglich schockierenden Erkenntnis, gipfelt in einem spektakulären Moment. Ironie des Schicksals: Natürlich ist dies nur Teil eines Traums. Zumindest im Halbschlaf müssen sich die beiden namhaften Darsteller Donald Sutherland und Sissy Spacek befunden haben, als sie die Verträge für solch einen Murks unterzeichnet haben. Die Leistungen der Schauspieler passen sich dem Niveau des Films größtenteils an, lediglich Rachel Hurd-Wood in der Rolle der Betsy Bell (Laura Richis in "Das Parfum") kommt noch einigermaßen gut davon.

Es ist schon beschämend, was die Autoren Brent Monahan und Courtney Solomon (Letzterer auch in der Funktion des Regisseurs) ihrem Publikum hier zumuten. Eine haarsträubende Story voller Ungereimtheiten, die auch noch den Anspruch erhebt, auf einer wahren Geschichte zu beruhen, trifft auf eine absolut unfähige Regie, der jedes Gefühl für Atmosphäre, Stimmung und Spannung fehlt (neue Szene --> zweisekündiger Zoom auf die schlafende Betsy --> die Hölle bricht herein / dies wiederholt sich mehrmals). Jeder einigermaßen fähige Hobbyfilmer hätte mit dem zur Verfügung stehenden Material vermutlich keinen wesentlich schlechteren Film abgeliefert. Wir können es nun so sehen: Das neue Kinojahr beginnt grauenhaft, richtig grauenhaft. Oder wir schauen optimistisch in die Zukunft und sehen es so: Schlimmer wird's vermutlich nicht mehr.



Note: 5



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