Archiv


Kritiken

Kurzkommentare

Meine Meinung

News

Umfragen
Die Insel



Land: USA
Laufzeit: 136 Minuten
FSK: 16
Starttermin: 4. August 2005

Genre: Science-Fiction-Thriller

Regie: Michael Bay
Drehbuch: Caspian Tredwell-Owen, Alex Kurtzman, Roberto Orci
Darsteller: Ewan McGregor, Scarlett Johansson, Sean Bean, Steve Buscemi, Djimon Hounsou, Michael Clarke Duncan, Ethan Philip, Brian Stepanek, Noa Tishby, Siobhan Flynn, Max Baker, Troy Blendell, Jamie McBride, Kevin McCorkle, Gary Nickens, Kathleen Rose Perkins, Richard Whiten, Phil Abrams, Svetlana Efremova, Katy Boyer
Kamera: Mauro Fiore
Schnitt: Paul Rubell, Christian A. Wagner
Musik: Steve Jablonsky








Wie wird die Welt im Jahre 2019 aussehen? Werden wir Deutsche noch existieren und wenn ja, zählen wir dann vielleicht schon zur "Dritten Welt" und blicken auf Industrienationen wie die Schweiz hinauf? Werden Fernsehzuschauer dann immer noch mit Gerichtssendungen, Quiz-Shows und Handy-Klingelton-Werbungen gequält? Wird die Menschheit von einer außerirdischen Intelligenz infiltriert worden sein? Oder kann sich in knapp 15 Jahren jeder Mensch, der ein paar Millionen übrig hat, einen eigenen Klon zulegen, der jederzeit als lebendes Ersatzteillager dient? Klingt Letzteres interessant, so kann ich "Die Insel", die neueste Regiearbeit von Michael Bay, empfehlen. Aber im Grunde ist dies auch schon der einzige Grund, warum man diesen Film irgendwem empfehlen sollte.

Also: Wie gesagt, wir befinden uns im Jahre 2019, zumindest für 136 Minuten. Einer überschaubaren Gruppe von Überlebenden, unten ihnen Lincoln Six-Echo (Ewan McGregor) und Jordan Two-Delta (Scarlett Johansson), wird eine nette Geschichte aufgetuscht: Vor einigen Jahren gab es eine Art Super-Gau, der fast die gesamte Menschheit ausgelöscht hat. Die Überlebenden befinden sich seitdem im so genannten Institut. Feste Kleiderordnung, Essenspläne, Tagesabläufe sowie ein striktes Verbot körperlicher Nähe gehören zum Alltag. Dass es diesen Super-Gau in Wahrheit nie gegeben hat und die "Überlebenden" eigentlich bloß Klone sind, wissen sie selbstverständlich nicht. Immer wenn ein "Kunde" von seinem Klon ein Organ oder Ähnliches benötigt, wird im Institut eine Lotterie veranstaltet, bei der selbstverständlich nichts dem Zufall überlassen wird. Den glücklichen Gewinnern winkt ein Ausflug auf die "Insel", doch tatsächlich werden ihnen einfach die benötigten Teile entnommen und sie anschließend umgebracht. Lincoln Six-Echo will das alles nicht hinnehmen, beginnt Fragen zu stellen, Nachforschungen anzustellen - und erschreckende Entdeckungen zu machen. Und als Nächstes soll ausgerechnet seine beste Freundin Jordan Two-Delta auf die Insel. So bleibt ihm gar nichts anderes übrig, als gemeinsam mit ihr die Flucht anzutreten. Die Jagd beginnt.

Michael Bay, bekannt durch die vordergründig Action-orientierten Filme "Bad Boys I & II", "The Rock", "Armageddon" und "Pearl Harbor", wurde vielerorts zugestanden, dass er mit "Die Insel" seinen anspruchsvollsten Film gedreht hat, auch wenn Intellektuelle nach wie vor unterfordert bleiben. Diesem Zugeständnis kann ich mich jedoch nicht so ganz anschließen. Okay, in den ersten 30 bis 40 Minuten macht der Film wirklich richtig Spaß. Man lernt die Charaktere kennen, entwickelt besonders für Lincoln Six-Echo Sympathien, sieht, wie er sein bisheriges Leben hinterfragt und das düstere Geheimnis aufdeckt und wird vertraut mit der doch recht interessanten Vision des Jahres 2019. Doch beginnend mit der Flucht der Beiden, wenn also der Aspekt Action wirklich das erste Mal in den Vordergrund rückt, geht es steil bergab.

Schon die Flucht, die sich über mehrere Minuten hinstreckt, lässt einen so richtig kalt. Man weiß, dass ihnen diese selbstverständlich erst einmal gelingen wird, schließlich kann der Film nach einer Dreiviertelstunde schlecht beendet sein. Von da an mehren sich leider auch die Unglaubwürdigkeiten. Was Lincoln und Jordan auf ihrer Flucht so alles überleben, das ist schon fast lächerlich. Wenn man sich dann noch mal in Erinnerung ruft, dass die angeblich besten Profi-Killer der Welt auf sie angesetzt wurden, sich aber ständig von zwei geistig 15-Jährigen (so wird es im Film gesagt) verarschen lassen, dann kann man den Film wohl kaum noch ernst nehmen. Nun kann man argumentieren, dass es doch die Hauptsache ist, dass der Film Spaß macht, aber auch da hapert es. Die Action-Szenen sind solide, keine Frage, aber auch wirklich kein bisschen mehr. Und das ist bei einem Regisseur, der als absoluter Action-Spezialist gilt, ziemlich enttäuschend. Was mir persönlich den Rest gegeben hat, ist die Geschichte des Ober-Profi-Killers Albert Laurent. Ein eiskalter Fuchs, aber gerade die zeigen in solchen Filmen am Ende plötzlich gerne Mal ein ganz anderes Gesicht. Einfach lächerlich.

Vor dem totalen Untergang wird "Die Insel" jedoch gerade noch so bewahrt. Maßgeblich dafür verantwortlich ist der Herr McGregor, der genug Sympathien für seinen Charakter wecken kann, dass einem sein Schicksal letzten Endes doch noch ein klein wenig interessiert. Scarlett Johanssons Rolle ist von vornherein weniger gewichtig angelegt. Ich war überrascht, dass eine Schauspielerin, die in "Lost in Translation" dermaßen überzeugend spielt, hier so eine schwache Performance abliefert. Der Ausflug ins Action-Genre darf als missglückt angesehen werden. Ein wenig profitieren diese beiden Charaktere von ihrer kindlichen Naivität. Zwei Klone, die mit der Welt um sich herum anfangs so überhaupt nicht klar kommen. Genau wie man nicht will, dass Kindern etwas zustößt, ist man so auch um ihr Schicksal besorgt. Doch wenn dann erst einmal klar wird, dass ihnen selbst Stürze aus beachtlicher Höhe nichts anhaben können, ist diese Sorge auch prompt schon wieder verblasst.

"Die Insel" ist eine mittelschwere Enttäuschung; ein Film, der nicht ansatzweise mit Bays früherem Werk "The Rock" mithalten kann. Die erste halbe Stunde macht Spaß, der Film ist ab und zu recht witzig und die Welt im Jahre 2019 ist ganz gut gelungen. Dummerweise überwiegen die negativen Aspekte: Alles, mit Ausnahme der ersten halben Stunde, ist viel zu vorhersehbar und teils unglaublich unglaubwürdig. Die Action kommt über gehobenes Mittelmaß nicht hinaus und die immer wiederkehrenden, gleichen musikalischen Motive nerven auch schon nach kurzer Zeit. Nein, es bleibt dabei: Die einzige Insel, die mir momentan zusagt, ist im Fernsehen zu bewundern und trägt den Titel "Lost".



Note: 4



Start


zur Hauptseite

Intern


Forum

Gästebuch

Impressum