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Die Tiefseetaucher



Land: USA / Italien
Laufzeit: 119 Minuten
FSK: 12
Starttermin: 17. März 2005

Genre: Tragikomödie

Regie: Wes Anderson
Drehbuch: Wes Anderson, Noah Baumbach
Darsteller: Bill Murray, Owen Wilson, Cate Blanchett, Anjelica Huston, Willem Dafoe, Jeff Goldblum, Seu Jorge, Seymour Cassel, Michael Gambon, Noah Taylor, Bud Cort, Robyn Cohen, Waris Ahluwalia
Kamera: Robert Yeoman
Schnitt: David Moritz
Musik: Mark Mothersbaugh, David Bowie








Ich glaube langsam, ich bin verflucht. Verdammt dazu, immer und immer wieder die gleiche Bewertung vergeben zu müssen. Ähnlich wie Bill Murray immer und immer wieder das Murmeltier grüßen sah. Doch was soll ich machen? "Hitch - Der Date Doktor", "Wimbledon" und auch "Die Tiefseetaucher" bieten stellenweise Spitzenunterhaltung, enttäuschen aber im Gegenzug in gewissen Punkten, so dass sich eine 2- förmlich aufdrängelt. Letzterer leidet vor allem unter schlichter Langeweile, die sich im ersten Teil des Films ausbreitet. Trotz Bill Murray.

Achtung, hier kommt der Gag, den mittlerweile keiner mehr hören will: "Worin liegt der wissenschaftliche Zweck, wenn Sie den Hai töten?" - so die Frage auf einer Pressekonferenz. "Rache" - so die knappe Antwort. Erteilt von Steve Zissou (Bill Murray), einem Mann, bei dem es an allen Ecken kriselt. Sein bester Freund Esteban (Seymour Cassel) wurde von einer neuen Spezies, dem Jaguar-Hai, getötet - wenn auch auf überaus lustige Art und Weise. Seine Ehe mit Eleanor (Anjelica Huston) - sicherlich nicht gerade auf ihrem Höhepunkt. Und seine Karriere als Dokumentarfilmer findet schon fast keine Beachtung mehr. Zu allem Überfluss taucht nun auch noch ein Bursche Namens Ned Plimpton (Owen Wilson) auf, bei dem es sich um seinen Sohn handeln könnte. Kurzerhand wird er in das "Team Zissou" aufgenommen und begleitet die Crew auf ihrer Rachetour. Ebenfalls mit an Bord der "Belafonte": die schwangere Journalistin Jane Winslett-Richardson (Cate Blanchett). Eine Frau, die sich sowohl des Vaters als auch des Sohnes (?) Aufmerksamkeit sichert. Nun kann die Reise also beginnen. Eine aberwitzige Reise, in deren Verlauf Diebstähle, Piratenangriffe, Entführungen und wilde Rettungsaktionen auf der Tagesordnung stehen.

Will man den Film chronologisch abarbeiten, muss man mit dem Negativen beginnen. Und zwar aus dem Grund, dass es in der ersten Stunde nur wenig Positives zu berichten gibt. Ok, jede Szene, an der Bill Murray Teil hat, ist ein Genuss der hohen Schauspielkunst. Doch das allein reicht dieses Mal nicht aus. Die guten Lacher kann man sicher an einer Hand abzählen. Regisseur und Co-Drehbuchautor Wes Anderson nimmt sich viel, sehr viel Zeit für die Einführung seiner Charaktere. Das zahlt sich zwar später aus, wirkt aber an dieser Stelle schlicht ermüdend. Zudem mangelt es der Großzahl der Dialoge eindeutig an Pepp. Wo ist er denn bloß? Der verrückte Film voller absurd-komischer Ideen, der einem von allen Seiten versprochen wurde (und zu meinem Unverständnis nicht einmal im CineStar läuft, wofür es wahrscheinlich eine plausible Erklärung gibt)? Hier ist er: in der zweiten Filmstunde!

Denn plötzlich geht es Schlag auf Schlag. Langeweile ade. Sobald sich die "Belafonte" dann endlich mal auf hoher See befindet, gibt es genügend Anlass zum Totlachen. Vorausgesetzt wird hierfür jedoch ein gewisses Maß an Erträglichkeit für Unsinn jeder Sorte. Da ballert sich Bill Murray plötzlich in bester "James Bond"-Manier durch ganze Gegnerschaften und rechtfertigt somit ganz nebenbei die Altersfreigabe ab 12. Da rennen gut ein Dutzend Männer mit blauen Anzügen und lächerlichen Pistolen über eine Insel und liefern sich eine Schießerei, bei der natürlich auch Explosionen nicht fehlen dürfen. Und was dem Ganzen noch ein wenig die Krone aufsetzt: Da wird überhaupt kein Hehl daraus gemacht, dass dieses "Schiff" überhaupt kein Schiff ist, sondern ein stinknormales Set. Bitte also die geniale Szene, in der Steve und Ned mehrere Decks überqueren und dabei die halbe Besatzung bei allerlei witzigen Tätigkeiten treffen, nicht missverstehen. Das soll so wirken. Das ist Absicht. Und wer auf diesen ganzen Irrsinn im positiven Sinne steht, wird sich selbstverständlich bei der Szene weg hauen, in der die Besatzung zu "cooler" Musik ein paar "coole" Tanzbewegungen vollführt. Aber a propos coole Musik: Davon gibt es in diesem Film eine ganze Menge. Von David Bowie. Jedoch ins Portugiesische übersetzt und vorgetragen von einem Mitglied der "Belafonte"-Crew. Die einzelnen Songs dienen jeweils zum Übergang der einzelnen Szenen, was recht gut gelungen ist.

Ein paar Worte nun aber auch noch zur tragischen Seite des Films. Eins vorneweg: Zeit zum Heulen wird hier keinem eingeräumt. Problemlos hätte man einige Szenen auch so darstellen können, dass der Zuschauer doch etwas ergriffen wird. Doch ohne Rücksicht auf Verluste werden sämtliche tragischen Momente durch den Kakao gezogen. Angefangen beim Tod von Esteban bis hin zu einem weiteren unangenehmen Ereignis, welches recht überraschend über den Zuschauer herein bricht und an dieser Stelle selbstverständlich nicht näher beschrieben werden soll. Doch während die erste Filmhälfte schlicht zu ernst daher kommt, gelingt der Spagat zwischen Komik und Tragik in der Zweiten ganz hervorragend. Und nach all den Strapazen, die das Team Zissou durchstehen musste, wirkt das finale Aufeinandertreffen zweier mehr oder weniger Feinde schon ein wenig ergreifend. Und wenn es das war, was Wes Anderson erreichen wollte, so hat er sein Ziel erreicht.

Meine Meinung zu Bill Murray dürfte vermutlich bereits durchgedrungen sein. Es gibt nur wenige Schauspieler, deren bloße Anwesenheit ausreicht, um einer Szene den Stempel aufzudrücken. Bloß ein Blick, ein Zucken im Gesicht reicht aus und sagt mehr als jedes Wort. Bill Murray ist einer dieser Schauspieler. Unverständlich, warum ihm der verdiente Lohn in Form eines Oscars nach so vielen Jahren immer noch verwehrt bleibt. Doch auch der Rest des Casts leistet hervorragende Arbeit. Besonders erwähnenswert sind hierbei die Leistungen von Owen Wilson, der überhaupt keine Probleme damit hat, einen eher ernsthaften Charakter zu spielen, und Willem Dafoe, der den Deutschen Klaus Daimler verkörpert und wahrscheinlich so witzig agiert, wie noch nie zuvor in seinem Leben. Jeff Goldblum überzeugt in seinen wenigen Minuten Leinwandzeit ebenso wie Anjelica Huston als überaus zielstrebige Ehefrau und Cate Blanchett als von sämtlichen Gefühlsregungen durchtriebene Journalistin.

"Die Tiefseetaucher" ist ein Film, der erst nach einer Stunde so richtig ins Rollen kommt. Wenn man es irgendwie schafft, bis dahin nicht das Interesse zu verlieren, wartet ein erstklassiges Gagfeuerwerk als Belohnung. Vorausgesetzt natürlich, dass nicht alles einen Sinn haben muss. Dass hier und da wahnsinnig übertrieben wird. Dass sämtliche Charaktere einfach so verrückt sind, dass man sie niemals im wahren Leben treffen würde. Doch genau das macht diesen Film im Endeffekt gerade sehenswert.



Note: 2-



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