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Eine unbequeme Wahrheit



Land: USA
Laufzeit: 96 Minuten
FSK: ohne Altersbeschränkung
Starttermin: 12. Oktober 2006

Genre: Umwelt-Dokumentation

Regie: Davis Guggenheim
Drehbuch: -
Darsteller: Al Gore
Kamera: Bob Richman, Davis Guggenheim
Schnitt: Jay Cassidy, Dan Swietlik
Musik: Michael Brook








Dass in den nördlichsten und südlichsten Regionen unserer Erde die Eismassen schmelzen, sich der CO2-Ausstoß in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch erhöht hat, die Durchschnittstemperatur Jahr für Jahr ansteigt und sich die Wetterextreme häufen, ist kein Geheimnis. Trotzdem scheint es niemanden so wirklich zu interessieren, zumal gerade von Seiten der (amerikanischen) Politik der Zusammenhang zu der Thematik, der sich der "ehemalige nächste Präsident der USA", Al Gore, angenommen hat, gerne geleugnet wird. Gores Anliegen: auf die globale Erwärmung (noch stärker) aufmerksam zu machen.

Schon seit Jahrzehnten beschäftigt ihn die Umwelt, beziehungsweise vielmehr wie der Mensch sie verändert. Seit seiner Wahlniederlage 2000 gegen Bush tourt der ehemalige Vize-Präsident nun durch die weite Welt, um mithilfe einer aufwendigen Präsentation auf das Problem "globale Erwärmung" aufmerksam zu machen. Dabei geht es ihm weniger darum, den allerneuesten wissenschaftlichen Kenntnisstand preiszugeben und den Zuhörern alle möglichen Zahlen an den Kopf zu werfen, sondern mehr um das Schaffen von Grundlagenwissen, das allen Anschein nach gerade in den USA vielerorts nicht wirklich vorhanden zu sein scheint. Was ist globale Erwärmung? Welche Auswirkungen hat sie? Das sind die zentralen Fragen, auf die Gore Antworten gibt.

Wer sich in diesen Film begibt, um up-to-date zu sein, wird den Kinosaal vielleicht wenig begeistert wieder verlassen. Das Hauptanliegen von "Eine unbequeme Wahrheit" besteht ganz einfach darin, auf die globale Erwärmung aufmerksam zu machen. Regisseur Davis Guggenheimer (führte Regie bei Serien wie "Emergency Room", "24", "Alias", "The Shield" und "Numb3rs") hat sich jedoch nicht darauf beschränkt, stur Gores Präsentationen abzufilmen, sondern auch den Menschen hinter der Show vorzustellen. So manch einer wird sich stellenweise sicherlich mehr in einem Imagefilm für Al Gore statt in einem Umwelt-Dokumentarfilm wähnen (was im Grunde ja auch der Fall ist), jedoch ist es nicht unwichtig, zu verstehen, warum dieser Mensch so viel Energie in sein Anliegen investiert. Was nützt es schon, einem Hampelmann auf der Bühne zuzusehen; man muss auch erkennen können, was ihn zu seinem Auftritt bewegt.

Trotz einiger Rückblicke in Gores persönliche Vergangenheit konzentriert sich "Eine unbequeme Wahrheit" im Wesentlichen schon auf die Präsentation. Aber auch hier offenbart die Medaille zwei Seiten. Gores Vorträge sind manipulativ und einseitig. Zwar nimmt er sich diverser Kritik an und versucht somit ein Gefühl von Objektivität herzustellen. Doch der Schein trügt, denn er wählt eben jene Kritik, die er im Nullkommanix auch gleich wieder entkräften kann. Ist das nun negativ? Jein. Man muss sich dessen einfach bewusst sein, dass man hier keinen Überblick über die Problematik erhält, sondern eine einseitige Betrachtungsweise vorgesetzt bekommt. Ist dies der Fall, so wird man seine Freude an der informativen, witzigen und überaus cleveren Präsentation Gores finden.

Kurze Cartoons stellen Sachverhalte anschaulich dar, besser als es Worte könnten. Gore greift auf Zahlen und Fakten zurück, aber überschüttet Zuhörer und -schauer nicht damit. Anstatt sie einfach in den Raum zu werfen, greift er auf Graphiken zurück, die manch eine Statistik bedrohlicher erscheinen lassen, als sie es einfach bloß ausgesprochen gewesen wäre. In einer Szene lässt sich Gore gar in die Höhe fahren, um zu zeigen, welche Ausmaße der CO2-Ausstoß mittlerweile angenommen hat. Immer wenn er den Zuschauer mit einer besonders schockierenden Zahl konfrontieren möchte, greift er zusätzlich noch auf eine bestimmte Form der Präsentation zurück. Wie gesagt: Manch einer könnte es verwerflich finden, mit welchen Mitteln Gore hier manipuliert. Manch einem wird es aber auch ziemlich egal sein, welcher Mittel er sich bedient, wenn die Fakten allein schon eine alarmierende Wirkung hinterlassen. Zu einseitig? Übertrieben? Bei dieser Thematik angebracht? Die Meinungen werden wohl auseinander gehen.

Eine nahezu geniale moralische Instanz stellt im Übrigen der Abspann dar. Sicherlich nicht wenigen wird es so ergehen, dass sich während der anderthalb Stunden der Gedanke "Ich will etwas ändern" formt. Wenn der Abspann dann jedoch mit Anweisungen aufwartet, wie genau man helfen kann, wird jeder sehen, ob er wirklich dazu bereit ist, sein Bewusstsein der Umwelt gegenüber zu ändern. Das Problem ist doch, dass sich jedem, der ansatzweise bereit dazu wäre, folgende zwei Fragen stellen: 1. Warum soll ich und nicht auch die anderen? 2. Was würde es schon bringen, wenn ich mich ändere, aber alle anderen so weiter machen wie bisher? Solange also gerade von Seiten der Politik keine ernste Handlungsbereitschaft zu erkennen ist, stehen Einzelkämpfer wie Albert Arnold Gore Jr. auf verlorenem Posten. Und gerade zu diesem Problem findet sich im Film ein interessanter Satz, der in etwa wie folgt lautet: "Wenn die Politiker zugeben würden, dass sie sich der fatalen Konsequenzen der globalen Erwärmung bewusst sind, stünden sie in der moralischen Verantwortung, etwas dagegen zu unternehmen". Tja, dann doch lieber monatelange Debatten über eine Gesundheitsreform, oder?



Note: 2+



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