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Ein ungezähmtes Leben



Land: USA
Laufzeit: 108 Minuten
FSK: 6
Starttermin: 24. November 2005

Genre: Drama

Regie: Lasse Hallström
Drehbuch: Virginia Spragg, Mark Spragg
Darsteller: Robert Redford, Jennifer Lopez, Morgan Freeman, Becca Gardner, Josh Lucas, Damian Lewis, Lynda Boyd, Camryn Manheim
Kamera: Oliver Stapleton
Schnitt: Andrew Mondshein
Musik: -








Wer auf der Suche ist nach großen Katastrophen, sich nach Geschichten sehnt, die das Leben in einer Großstadt schreibt und besonders Kinofilme mag, die den Adrenalinspiegel auf einem konstant hohen Niveau halten, ist bei Lasse Hallströms "Ein ungezähmtes Leben" an der falschen Adresse. In diesem Drama der ruhigen Erzählart regieren nicht nur tolle Darsteller und schlaue Dialoge das Geschehen, sondern auch das entspannte Landleben. Die Ausgangslage wird dabei eigentlich auf Simples und Altbekanntes reduziert, weiß aber trotzdem zu gefallen, wenn man sich auf das langsame Erzähltempo einstellen kann.

Der Cowboy Einar Gilkyson (Robert Redford) lebt schon seit mehreren Jahrzehnten auf einer kleinen, idyllischen Farm in Wyoming, gemeinsam mit Mitch (Morgan Freeman), der vor einem Jahr von einem Bären angefallen und dabei schwer verletzt wurde und seitdem auf fremde Hilfe angewiesen ist. Auch Einar musste vor einigen Jahren einen schweren Schicksalsschlag verkraften, als sein Sohn, damals etwa 20 Jahre alt, bei einem Autounfall ums Leben kam. Die Schuld an diesem Unfall gibt er der Frau seines Sohnes, Jean (Jennifer Lopez), die damals übermüdet am Steuer saß ("Es heißt Unfall, weil niemand daran Schuld trägt." - Einar: "Nein. Es heißt Unfall, damit sich der Schuldige besser fühlt). Diese war zum damaligen Zeitpunkt schwanger und hat mittlerweile eine 11-jährige Tochter: Griff (Becca Gardner).

Eines Tages tauchen die Beiden auf der Farm von Einar auf, nachdem Jean kürzlich ihren gewalttätigen Freund verlassen hat. Einar soll sie für etwa einen Monat aufnehmen, bis sie eine Arbeitsstelle gefunden hat und wieder auf eigenen Beinen stehen kann. Er willigt ein, hat jedoch sichtlich Mühe damit, Jean nicht ständig zu zeigen, dass sie für ihn nach wie vor die Schuld am Tod seines Sohnes trägt. Dass ihr brutaler Ex-Freund Gary (Damian Lewis) ihr gefolgt ist, sorgt nicht gerade dafür, dass sich ihre Situation verbessert. So geht es in den nächsten Wochen für die Menschen auf der Farm darum, mit der Vergangenheit abzuschließen, einen Neuanfang zu wagen, zu vergeben und zur Einsicht zu gelangen.

Das Besondere an diesem Film ist, dass er ganz und gar unspektakulär ist, sieht man einmal von wenigen Momenten ab, in denen die Spannungskurve mal nach oben zeigt. Ansonsten ist dieser Film wie ein Strich. Keine Durchhänger, denn das Geschehen auf der Leinwand weiß immer zu interessieren, aber auch nur wenige Hochs. Zwischenhöhepunkte sind kaum auszumachen und selbst der Moment gegen Ende, der noch am Meisten fesselt, ist im Grunde doch eher unspektakulär. Wirklich schlimm ist das jedoch nicht, denn die 108 Minuten sind gespickt mit Dialogen und Szenen, die von Bedeutung sind - für die Handlung, für die Entwicklung der Charaktere, aber auch für die Entwicklung der Beziehungen, die zwischen den Filmfiguren bestehen. Wird mal nicht gesprochen, so bestimmen stets wunderschöne Ansichten der Landschaften das Bild. Und wird gesprochen, dann hat das alles auch Hand und Fuß. In den Dialogen liegen Witz, aber niemals zu aufdringlich, und Gefühl. Sie verleihen jedem Charakter ein individuelles Profil, so dass sie allesamt glaubwürdig erscheinen.

Vorzuwerfen wäre eventuell, dass Gut und Böse im Grunde klar abgegrenzt sind: Da sind auf der einen Seite die beiden Unruhestifter im Restaurant, die auch gleich in die Schranken verwiesen werden, und Jeans Ex-Freund, der sie verfolgt hat, und auf der anderen Seite eben Jean, ihre Tochter, Mitch, Einar, der sympathische Kleinstadt-Sheriff sowie alle anderen Bewohner, die den Hauptprotagonisten überaus freundlich gesinnt sind. Sicherlich hat vor allem Einar nach außen hin seine Ecken und Kanten, doch dass im Innersten ein weicher Kern sitzt, ist eigentlich die ganze Zeit über klar. Auch das Aufeinandertreffen von Mitch und dem Bären bestätigt diese klare Abgrenzung. Ja, "eventuell wäre" dies dem Film vorzuwerfen, doch er verkündet ganz klar eine hoffnungsvolle Botschaft und besitzt eine sehr positive Grundstimmung. Aus diesem Grund kann man über diese kleine Tatsache ohne weiteres hinwegsehen.

Einen positiven Eindruck hinterlassen auch sämtliche Schauspieler. Die Herren Redford und Freeman spielen ihre Rollen mit all ihrer Routine, die sie sich im Laufe der vielen Jahre im Filmgeschäft angeeignet haben. So entfalten natürlich die Szenen, in denen die Beiden interagieren, eine enorm hohe Wirkung, beispielsweise als Griff die Frage aufwirft, ob sie denn schwul seien und sich ein herrliches, wenn auch sehr kurzes Gespräch entwickelt. Jennifer Lopez' Leistung steht sicherlich nach wie vor in jedem Film erneut in einem besonderen Blickpunkt, denn so oft ist es noch nicht geschehen, dass Musiker zu großartigen Darstellern avancieren. Ob J.Lo. irgendwann einmal eine Ausnahme bildet, bleibt abzuwarten. Hier kann sie zwar mit den beiden Alt-Stars nicht mithalten - es wäre auch einer Sensation gleich gekommen - vollbringt aber nichtsdestotrotz eine sehr ordentliche Leistung. In ihrem Fall scheint es sich tatsächlich um eine Ausnahme zu handeln, denn Lopez hat sich nun bereits in mehreren Genres bewiesen - warten wir mal ihre weitere Entwicklung ab. Auch an der Leistung der jungen Becca Gardner gibt es nichts auszusetzen. Ihre verdutzten Blicke auf verschiedene Äußerungen, besonders von Einar, regen den Zuschauer immer wieder zum Schmunzeln an. Nebendarsteller wie Damian Lewis und Josh Lucas erhalten ebenfalls genügend Leinwandzeit, um zu zeigen, dass sie etwas von ihrem Beruf verstehen.

"Ein ungezähmtes Leben" ist über weite Strecken ein schöner Gute-Laune-Filme. Er geht von der ersten Minute an seinen Weg und lässt sich nicht davon abbringen. Sicherlich hätte man auf eine bestimmte Szene verzichten können, in der die Spannung wohl ein wenig erhöht werden soll, doch andererseits stört man sich nicht wirklich daran. Er findet ein glaubwürdiges Ende, das die einzig richtige Konsequenz aus dem vorherigen Handeln der Charaktere ist. Wohl weil es so realistisch ist, verlässt der Zuschauer den Kinosaal mit einem guten Gefühl. "Ein ungezähmtes Leben" ist absolut ein Film zum Entspannen. Keine Zauberer. Keine Riesenaffen. Keine andere Welt, die man durch einen Schrank betritt. Nein, stattdessen gibt's eine kleine Farm und die beachtliche Geschichte einiger weniger Menschen und ihrer Erlebnisse dort. Sehenswert.



Note: 2



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