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Harry Potter und der Feuerkelch



Land: USA
Laufzeit: 157 Minuten
FSK: 12
Starttermin: 17. November 2005

Genre: Fantasy-Abenteuer

Regie: Mike Newell
Drehbuch: Steven Kloves
Darsteller: Daniel Radcliffe, Rupert Grint, Emma Watson, Michael Gambon, Brendan Gleeson, Robbie Coltrane, Maggie Smith, Alan Rickman, Ralph Fiennes, Roger Lloyd-Pack, David Tennant, Miranda Richardson, Tom Felton, Gary Oldman
Kamera: Roger Pratt
Schnitt: Mick Audsley
Musik: Patrick Doyle, John Williams








Und wieder gibt es Grund zur Freude für die "Harry Potter"-Fans dieser Welt. Nachdem im Sommer dieses Jahres der sechste und somit vorletzte Band der Reihe erschienen ist, kommt nun bereits die vierte Verfilmung in die Kinos. Vier Filme und schon drei Regisseure (ab 2007 sind es fünf Filme und vier Regisseure). Nachdem Chris Columbus mit den ersten beiden Umsetzungen vertraut wurde, übernahm Alfonso Cuarón für den dritten Teil die Verantwortung und sowohl Kritiker als auch Publikum waren sich weitgehend darin einig, dass ihm eine nahezu perfekte Umsetzung gelungen ist. Kein leichter Job also für den Briten Mike Newell, der nun beim vierten Teil, "Harry Potter und der Feuerkelch", auf dem Regiestuhl Platz nimmt, den äußerst angesehenen dritten Teil zu toppen.

Doch bevor es mit der Inhaltsangabe losgeht, noch ein kleines "Potter"-ABC für den unwahrscheinlichen Fall, dass irgendjemand mit einigen der folgenden Begriffe tatsächlich nichts anzufangen weiß. Dursleys: Nach dem Tod seiner Eltern wird Harry von seinem Onkel und seiner Tante großgezogen; sehr unsympathische Leute. Hogwarts: die Schule für Zauberer, die Harry besucht. Sucher: Spieler beim Quidditch. Quidditch: das bevorzugte Spiel der Zauberer, das auf Besen bestritten wird und bei dem Bälle durch Ringe geworfen und eingefangen werden müssen. Gryffindor: neben Slytherin, Hufflepuff und Ravenclaw eines der vier Häuser in Hogwarts; jedes von ihnen zeichnet sich durch gewisse Eigenschaften aus. Todesser: Anhänger Voldemorts zu dessen großen Zeiten. Lord Voldemort: so gefürchtet, dass er von den Meisten nur als "Du-weißt-schon-wer" bezeichnet wird, obwohl er seit dem versuchten Mord an Harry fast seine gesamten Kräfte verloren hat. Dumbledore: Schulleiter von Hogwarts.

Es wird wieder Ernst für Harry (Daniel Radcliffe). Der Sommer bei den Dursleys (von denen man dieses Mal rein gar nichts zu sehen bekommt) ist endlich vorüber und das vierte Schuljahr in Hogwarts steht vor der Tür. Selbstverständlich müssen sich die Schüler der vierten Klasse nun mit noch mehr Hausaufgaben bedeutend höheren Schwierigkeitsgrades herumschlagen. Doch bevor es soweit ist, wartet auf Harry, den besten Sucher Gryffindors seit sehr langer Zeit, eine riesige Überraschung: Das Finale der Quidditch-Weltmeisterschaft steht an und dank Mr. Weasleys Arbeit im Zaubereiministerium dürfen sich Harry, Hermine (Emma Watson), Ron (Rupert Grint) und die restlichen Weasleys über besonders gute Plätze freuen. Irland besiegt Bulgarien, doch in Anbetracht der nächtlichen Ereignisse verliert dieser Sieg fast vollkommen an Bedeutung: Auf dem Zeltplatz in der Nähe des Stadions tauchen zunächst einige Todesser auf und anschleißend erscheint das Dunkle Mal von Lord Voldemort (Ralph Fiennes) am Himmel, das dessen Rückkehr ankündigt.

Viel Zeit, um sich von all dieser Aufregung zu erholen, bleibt den jungen Zauberern nicht, denn in Hogwarts angekommen, wartet Dumbledore (Michael Gambon) mit einer Hammer-Nachricht auf sie: Nach sehr langer Zeit wird wieder das Trimagische Turnier ausgetragen; ein Wettkampf, in dem die Champions dreier Schulen (jeweils einer aus Hogwarts, Beauxbatons und Durmstrang) in drei lebensgefährlichen Aufgaben aufeinander treffen und beweisen müssen, wie mutig, clever und talentiert sie sind. Alle an der Teilnahme interessierten Schüler, die mindestens 17 Jahre alt sind, sollen einen Zettel mit ihrem Namen in den Feuerkelch werfen. Dieser spuckt drei Zettel aus mit den Namen der Champions. Doch dann ein Kuriosum: Ein weiterer Zettel wird ausgeworfen, auf welchem der Name eines Jungen mit einer Narbe auf der Stirn steht - Harry Potter. Eigentlich unmöglich, denn dieser ist erst 14 Jahre alt, doch die Regeln verpflichten ihn zur Teilnahme am Wettkampf. Jemand anderes muss diesen Zettel eingeworfen haben, doch wer und vor allem warum? Will vielleicht jemand, dass Harry Potter bei diesem Wettkampf etwas zustößt? Vielleicht etwas, das nur wie ein Unfall aussieht? Oder steckt gar etwas noch viel Größeres dahinter?

Womit fängt man an bei einem Film, der für die einen das Highlight des Kinojahres 2005 darstellt und bei dem sich die anderen wünschen, dass der ganze Hype endlich Vergangenheit ist? Die Ausgangslage, eine gute Umsetzung abzuliefern, war denkbar ungünstig. Nicht nur, dass der vierte Band in der deutschen Fassung mit mehr als 750 Seiten doppelt so dick ist wie jeder seiner Vorgänger-Bände, sondern auch, dass er das bis dato schwächste Buch darstellt. In Band 1 war es die Faszination für das Neue, das Magische. Band 2 konnte mit einer gut durchdachten Geschichte aufwarten, die immer wieder interessante und überraschende Wendungen bot. In Band 3 passiert dann zwar relativ wenig, doch dafür haben es die letzten 100 Seiten in sich, also wenn der Leser erfährt, was es mit Sirius Black wirklich auf sich hat und Harry und Hermine anschließend auf Zeitreise gehen. Und Band 4? Dieser erwischt einen starken Start und macht mit dem Erscheinen der Todesser und des Dunklen Mals Appetit auf mehr, doch schleppt sich anschließend einfach nur noch dahin, ohne wirklich Spannung aufkommen zu lassen. Einzig die Bewältigung der drei Aufgaben sowie selbstverständlich das Aufeinandertreffen von Harry und Ihr-wisst-schon-wem markieren Höhepunkte. Ansonsten ist Band 4 dafür verantwortlich, dass man das erste Mal nur von einem durchschnittlichen "Harry Potter"-Buch sprechen kann.

Und nun zum Film und erstaunlichen Erkenntnissen. Fakt 1: Bei "Harry Potter und der Feuerkelch" handelt es sich um die zum jetzigen Zeitpunkt beste Verfilmung eines der Bücher - mit Abstand. Fakt 2: Es ist selten der Fall, doch hier schlägt der Film die Vorlage. Und nun Fakt 3, mit dem ich mir in der Fan-Gemeinde vielleicht Feinde mache: Dieser Film schlägt nicht nur seine direkte Vorlage, sondern auch die Bände 1 bis 3. Warum das so ist? Drehbuchautor Steven Kloves und Regisseur Mike Newell haben so gut wie alles über Bord geschmissen, was nicht von Nöten ist. Während man im Buch also eine lange Durststrecke absolvieren muss, findet man diese im Film ganz einfach nicht vor. Spannende, Actiongeladene und witzige Momente wechseln sich ständig ab. Langeweile? Ein Fremdwort.

So wird zum Beispiel kein einziges Wort über Hermine und ihre Elfengeschichte verloren, die im Buch doch einen recht großen Stellenwert einnimmt. Die ersten 150 Seiten werden hier in etwa zehn Minuten abgehandelt - keine Dursleys, kein Endspiel (also nicht das Spiel an sich). Dass mehr als das halbe Buch weggekürzt werden musste, war ja von vornherein klar, denn bereits so beträgt die Laufzeit stolze 157 Minuten. Gewagter ist es da schon, völlig neue Szenen und Dialoge in den Film herein zu arbeiten, eine Vielzahl von Charakteren einfach mal unter den Tisch fallen zu lassen und einige Szenen in völlig neuem Zusammenhang erscheinen zu lassen. Doch es funktioniert einfach prächtig! Das "Neue" passt sich absolut dem "Alten" an, so dass man fast meinen könnte, es sei der Feder von Joanne K. Rowling entsprungen. Da wird es sicherlich den einen Teil der Fan-Gemeinde geben, der sich über diese enorm freie Umsetzung ärgern wird, aber auch einen anderen Teil (dem ich mich anschließe, auch wenn ich mich nicht als Fan bezeichnen würde), der sich einfach darüber freut, dass es in diesem Film so viel Neues zu entdecken gibt, man aber trotzdem immer noch das Gefühl hat, dass hier die Geschichte aus "Harry Potter und der Feuerkelch" erzählt wird.

Ein Großteil der neuen Szenen erfüllt den Zweck, den Zuschauer auf humorvolle Art und Weise zu unterhalten. Tolle Wortduelle und toller Wortwitz zwischen Harry, Ron und Hermine, Running Gags und alles, was man sonst noch aus dem Buch erwartet, beispielsweise Draco Malfoys (Tom Felton) Begegnung mit Mad-Eye Moody (Brendan Gleeson), der ihn in ein Frettchen verwandelt. Auch rasante Momente kommen hier nicht zu kurz und speziell in diesem Bereich ist man sich der Vorteile des Mediums Kino bewusst. Denn mal ehrlich: So spektakulär man sich auch Harrys Kampf gegen den Drachen beim Lesen im Kopf ausmalt, diesen, unterlegt mit großartigen Special Effects, dann vor eigenen Augen zu sehen, ist doch noch mal eine ganz andere Nummer. Und so stört es auch hier nicht, dass beispielsweise dieser Kampf etwas erweitert wurde - die Action stimmt.

Und je näher sich schließlich der Film dem Ende neigt, umso unruhiger wird man im Kinosessel, wenn man denn weiß, was unaufhaltsam näher rückt: der Auftritt von Lord Voldemort. Und so wird es bei Harrys dritter Aufgabe auch schlagartig richtig düster und ein wenig gruselig und schon ist es soweit. Eigentlich konnte Mike Newell in Anbetracht der enormen Erwartungshaltung gegenüber diesem Moment nur verlieren - doch er tut es nicht - und das ist schon eine kleine Sensation. Mit Ralph Fiennes wurde vielleicht der perfekte Darsteller gefunden, auch wenn sein Auftritt nur von kurzer Dauer ist. Jedoch strahlt er das gewisse etwas aus; eine dunkle Aura. Nicht so böse, dass es ins Lächerliche abdriftet, sondern die brillante Mischung aus bösartiger Präsenz und fiesem Witz. Auch wenn ich persönlich ihn mir etwas anders vorgestellt habe und wohl nicht jeder mit seiner Erscheinung zufrieden sein dürfte - hier sammelt Newell noch mal kräftig Punkte und setzt seiner zuvor bereits starken Leistung die Krone auf.

Zu guter letzt noch ein paar Worte zu den Darstellern. Endlich ist es soweit; endlich laufen Emma Watson, Rupert Grint und besonders Daniel Radcliffe zur Höchstform auf. Nachdem diese in den Vorgänger-Teilen, bis auf Watson, eher durchwachsene Leistungen erbrachten, scheinen sie nun endgültig in ihre Rollen hinein gewachsen zu sein und entfalten deren volle Bandbreite. Grint ist für viele Lacher gut (ebenso wie seine Filmbrüder Fred und George), Radcliffe kann Fiennes im Aufeinandertreffen eindrucksvoll Paroli bieten und Watson - nun ja - vollbringt ihre Aufgabe wohl dadurch am Besten, dass sie einfach nur unheimlich süß ist. Ob sie nun erst Harry vor der ersten Aufgabe besucht und dann kurzum beschließt, ihm einfach um den Hals zu fallen, oder in ihrem hübschen Kleidchen erscheint und strahlt, bevor sie anschließend weinend zurück gelassen wird - ein "och, wie ist das süß" in den Gedanken der Zuschauer ist garantiert. Der neue Lehrer in Hogwarts, Mad-Eye Moody, wird ideal durch Brendan Gleeson verkörpert, der das richtige Maß an Verrücktheit mitbringt, auch wenn sein magisches Auge mit Zoom schon fast (vielleicht gewollt) übertrieben ist. Auch die übrigen Cast-Mitglieder wie Michael Gambon (Dumbledore), Maggie Smith (Professor McConagall), Robbie Coltrane (Hagrid) und Alan Rickman (Professor Snape - herrlich finster drein blickend) hinterlassen einen durchweg positiven Eindruck.

Noch ein paar Infos zum Film? Bitte: Im Internet kursierte für einige Zeit das Gerücht, dass Rowan Atkinson die Rolle von Voldemort übernimmt. Ja, richtig gelesen: Mr. "Bean" als der bösartigste Zauberer, den man kennt. Auch hatte das Studio Überlegungen angestellt, das Buch in zwei Teilen zu verfilmen, wogegen sich jedoch Regisseur Mike Newell aussprach und meinte, dass er radikal kürzen werde. Nicht nur eine weise Entscheidung in Anbetracht dessen, was er vollbracht hat, sondern auch aufgrund des Alters der Darsteller. Im Film sind diese 14 Jahre alt, doch in der Realität: Emma Watson (15), Daniel Radcliffe (16), Rupert Grint (17) und Tom Felton (18). Und tatsächlich ist es so, dass Hermine glatt als 14-Jährige durchgeht, während Draco Malfoy ganz einfach nicht mehr aussieht wie ein Gleichaltriger. Bedenkt man nun, dass ein weiterer Film das alles noch weiter hinaus gezögert hätte und die Differenz zwischen dem Alter des Charakters und des Darstellers noch größer geworden wäre - nur einen Film zu drehen war die richtige Entscheidung.

Es ist schwer vorstellbar, dass es einem Regisseur gelingt, ein Buch besser umzusetzen als es Mike Newell mit "Harry Potter und der Feuerkelch" gelungen ist. Die Handlung wurde auf die Elemente reduziert, die entweder zum Spannungsaufbau beitragen oder dafür sorgen, dass sich das Publikum köstlich amüsiert. Endlich wirkt alles aus einem Guss. Endlich muss man sich nicht mehr sagen "dies und das ist aber im Buch bedeutend besser". Eigene Ideen werden geschickt mit der Vorlage kombiniert und es entsteht ein großartiges Ganzes. Selbstverständlich ist der Score fantastisch und auch die Jung-Schauspieler kommen endlich in Form. Der einzige Haken bei der ganzen Sache: Newell ist an eine eher mittelmäßige Vorlage gebunden. Doch was er aus dieser herausholt, grenzt schon ein wenig an Genialität und deswegen ist es außerordentlich schade, dass dieser Regisseur im nächsten Teil bereits wieder ersetzt wird. Rein spekulativ: Aus der Kombination Mike Newell und "Harry Porter und der Gefangene von Askaban" wäre wohl ein Meisterwerk entstanden.



Note: 1-



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