Hostel
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Land: |
USA |
Laufzeit: |
93 Minuten |
FSK: |
18 |
Starttermin: |
27. April 2006 |
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Genre: Horror
Regie: |
Eli Roth |
Drehbuch: |
Eli Roth |
Darsteller: |
Jay Hernandez, Derek Richardson, Eythor Gudjonsson, Barbara Nedeljáková, Jana Kaderabkova,
Jan Vlasák, Rick Hoffman, Jennifer Lim |
Kamera: |
Milan Chadima |
Schnitt: |
George Folsey jr. |
Musik: |
Nathan Barr |
Wenn in einem TV-Trailer vor intensiven Schocksequenzen gewarnt wird, dann ist das natürlich kein gut gemeinter Rat, diesen Film vielleicht lieber zu meiden, sondern dann steckt da die Absicht dahinter, das sich nach gewaltverherrlichenden Streifen sehnende Volk in die Kinos zu locken. Die Kernfrage des Films lautet also: Handelt es sich hier tatsächlich um den brutalsten Film aller Zeiten, so wie es einige Medienvertreter bereits verlauten ließen?
Die beiden Amerikaner Josh (Derek Richardson) und Paxton (Jay Hernandez) sowie der Isländer Oli (Eythor Gudjonsson) sind auf einem Roadtrip durch Europa und befinden sich momentan in Amsterdam. Auf ihrer Reise sind sie jedoch nicht an Sightseeing oder Wanderungen interessiert, sondern neben Alkohol vor allem an Sex. Wenn gerade mal keine willigen Frauen verfügbar sind, muss auch mal ein Bordell als Zwischenstopp herhalten. Noch in Amsterdam erhalten sie den Insidertipp, sich in den Osten Europas zu wagen, genauer gesagt in die Slowakei, denn dort sollen die schärfsten Bräute des gesamten Kontinents warten. Eine Zugfahrt später stellt sich dies für sie als die Wahrheit heraus und schon bald landen sie mit Natalya (Barbara Nedeljáková) und Svetlana (Jana Kaderabkova) in der Kiste. Den Abend darauf übernehmen sie sich jedoch in einer Bar und müssen diese vorzeitig verlassen. Während Paxton genau dort aufwacht, wo er sich auch "schlafen gelegt" hat, findet sich Josh an einem Ort der etwas anderen Art wieder: auf einem Stuhl gefesselt und vor ihm ein Typ, der ihm gerade eine Bohrmaschine in den Oberschenkel jagt. An diesem Ort darf man für 10 000 Euro alles tun: foltern, strafen, töten.
Wer sich den Einsatz des Bohrers als besonders grausam vorstellt, dem sei gesagt, dass dieser nicht mehr als eine lockere Erwärmung für noch Folgendes darstellt. Doch dazu später. Denn bevor es in jenem Hostel wirklich das erste Mal zur Sache geht, vergeht mehr als die Hälfte des Films. Eigentlich überrascht diese Vorgehensweise nicht, hat es sich doch mittlerweile in Horror-Filmen schon fast etabliert, die Charaktere ausführlich einzuführen, um anschließend das Grauen umso plötzlicher und schockierender zuschlagen zu lassen. Dies lässt sich am Beispiel von "The Descent" verdeutlichen, in welchem die sechs Frauen erst einmal eine Stunde durch die Höhlen gekrabbelt sind, bevor die Kreaturen zugeschlagen haben. Doch während dort auch dadurch bereits Horror-Stimmung vermittelt wurde, geht "Hostel" einen anderen Weg.
Zwei Merkmale treiben besonders in den USA die Altersfreigabe in die Höhe: Gewalt und Sex. Und Letzterer bestimmt das Geschehen der ersten 45 Minuten. Es vergehen keine fünf Minuten, in denen nicht irgendwo eine nackte Frau durchs Bild springt oder ein Pärchen den Akt vollzieht - wobei das ziemlich gesittet klingt, insbesondere wenn man an die Domina denkt. Unsere drei männlichen Hauptcharaktere jedenfalls benehmen sich so, als hätten sie ihr Gehirn vorsichtshalber daheim gelassen und man mag nicht wirklich daran glauben, später mit ihnen mitfiebern zu können, wenn es dann ans Eingemachte geht. Es fällt auch schwer, zu sagen, was man von diesem Teil des Films halten soll: Einige Passagen sind recht witzig, andere hingegen ziemlich doof. Dann trifft man mal auf übelste Klischees und hat einerseits das Gefühl, dass das alles wirklich ernst gemeint ist, und an anderer Stelle wiederum, dass hier mehr als ein Augenzwinkern dahinter steckt.
Definitiv unglaubwürdig erscheint jedoch eine der Schlüsselszenen, der Anfang allen Übels sozusagen. Lässt sich ein Amerikaner wirklich von einem Fremden dazu überreden, mit dem Zug nach Osteuropa zu fahren, nur weil dieser ihm ein paar Bilder auf seinem Handy zeigt, auf denen nackte Frauen zu sehen sind, und von ihm erzählt bekommt, dass die Frauen dort besonders willig sind? Nun ja, sei's drum. Da "Hostel" wie erwartet nicht gerade über tiefsinnige Dialoge und hoch entwickelte Charaktere verfügt, gestaltet sich die erste Hälfte des Films etwas zäh, verfügt aber über einen eher im Hintergrund ablaufenden, leichten Spannungsaufbau.
Doch kommen wir nun zu dem Teil, der ausschließlich zum Kauf der Kinokarte motiviert hat. Wirklich bekannt konnte einem Eli Roth bisher nur durch sein Werk "Cabin Fever" sein - heiß diskutiert und mit sehr gespaltenen Meinungen aufgenommen. In "Hostel" schlägt das Grauen nun - nun ja - nicht ohne jede Vorwarnung, aber ziemlich plötzlich zu. Zum Einsatz kommen Bohrer, Kreissäge, Skalpell; es werden Gliedmaßen und Organe entfernt; und dabei fließt natürlich jede Menge Blut. Fast aus dem Nichts zaubert Eli Roth eine ziemlich intensive Atmosphäre herbei: dreckige Orte; Psychopathen, die vor nichts zurück schrecken und denen jegliches Erbarmen und jegliche Gefühle abhanden gekommen sind. Im Endeffekt ist alles nur halb so schlimm und sicherlich nicht brutaler als jenes "The Descent", doch kräftig schlucken muss man bei der einen oder anderen Szene trotzdem. "Hostel" ist ein Menschen verachtendes und Gewalt verherrlichendes Werk - das sollte man wissen, wenn man sich darauf einlässt. Den Moralapostel spiele ich jetzt aber sicher nicht, sonst müsste ich im Grunde jeden Film verurteilen, in dem Gewalt eine Rolle spielt. Die Grenzen werden individuell bei jedem Zuschauer woanders liegen und für viele wird "Hostel" diese sicherlich bereits überschreiten.
Das zu Beginn kaum für möglich Gehaltene tritt übrigens tatsächlich noch ein: Man fiebert mit den Charakteren mit; besonders mit dem durch Jay Hernandez verkörperten Paxton. Die Angst, die er spielt, als ihm der Irre gegenüber steht, ist stark gespielt, ebenso die Verzweiflung, mit der er um sein Leben kämpft. Auch der Großteil der weiblichen Darstellerriege hinterlässt einen guten Eindruck - wie sie es schaffen, ohne Oberteil herumzurennen - nur die Besten der Besten kamen für solch einen Job in Frage.
Zum Abschluss noch ein wenig Aufklärungsarbeit. Quentin Tarantino - häufiger als der eigentliche Verantwortliche, Eli Roth, wurde er mit diesem Film in Verbindung gebracht, dabei dient sein Name nur Werbezwecken. Er war an der Idee zu diesem Film beteiligt, fungiert als Produzent und ist mit Roth befreundet - mehr nicht. A propos Idee: Diese soll entstanden sein, nachdem Eli Roth eine Website gefunden hat, auf der tatsächlich Dienste wie in diesem Film angeboten werden: Foltern und Töten für 10 000 Euro. Unklar ist bis heute geblieben, ob es sich dabei um Spaß handelt oder die Betreiber der Seite es wirklich ernst meinten. Und Anliegen Nummer 3: Bei "Hostel" scheint es sich wirklich mal zu empfehlen, die Originalversion zu begutachten. Grund hierfür ist das Sprachwirrwar: Englisch, Deutsch, Spanisch, Russisch - irgendwie ist alles mal vertreten. Und gerade in einer bestimmten Szene, in der Paxton in der deutschen Version Spanisch spricht, hat er im Original Deutsch gesprochen.
Fazit: Die ganze Aufregung um diesen Film war etwas unbegründet. Natürlich ist er teils derb brutal, aber das sind die meisten Horrorfilme mit einer FSK-18. Einzig unterscheidet er sich vielleicht dadurch von anderen, dass hier "ganz normale" Menschen zu blutrünstigen Kreaturen mutieren - im übertragenen Sinne natürlich. Qualitativ hinkt "Hostel" hinter dem kürzlich gestarteten "The Hills Have Eyes" etwas hinterher. Ohne jemals sonderliche Originalität zu zeigen, kommt er nach etwas langatmigen Beginn doch noch mächtig in Schwung und weiß letztendlich auf gutem Niveau zu unterhalten. Nun ja, sofern man dies als Unterhaltung bezeichnen mag - Ansichtssache.
Note: 3+
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