Jede Sekunde zählt
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Land: |
USA |
Laufzeit: |
139 Minuten |
FSK: |
12 |
Starttermin: |
19. Oktober 2006 |
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Genre: Action-Drama
Regie: |
Andrew Davis |
Drehbuch: |
Ron Brinkerhoff, James Vanderbilt |
Darsteller: |
Kevin Costner, Ashton Kutcher, Melissa Sagemiller, Bonnie Bramlett, Clancy Brown, Sela Ward,
Neal McDonough, John Heard, Joe Arquette, Brian Geraghty, Dule Hill, Shelby Fenner |
Kamera: |
Steve St. John |
Schnitt: |
Dennis Virkler, Thomas J. Nordberg |
Musik: |
Trevor Rabin |
So ziemlich jeder Personengruppe, die sich aktiv für den Erhalt des menschlichen Lebens einsetzt, ist mittlerweile filmisch ein Denkmal gesetzt worden, beispielsweise den Feuerwehrmännern in "Im Feuer" oder den Einsatzkräften vom 11. September 2001 in "World Trade Center". Lediglich die Rettungsschwimmer sind bisher ein wenig leer ausgegangen, was wohl auch darin liegen dürfte, dass man sie erst im Ernstfall so richtig wahrnimmt. Im Sommer vergangenen Jahres ist dieser eingetreten, hervorgerufen durch den Hurrikan "Katrina" und dessen verheerenden Folgen (die Verbindung dazu wird im Film übrigens mit Hilfe des berüchtigten Holzhammers hergestellt). So durfte also auch ein Film über diese (natürlich vornehmlich erst einmal amerikanischen) Helden nicht lange auf sich warten lassen. Und unabhängig davon, wie man die Qualität des Streifens beurteilt, ist den Rettungsschwimmern nun zumindest (mein) größter Respekt gewiss.
Ben Randall (Kevin Costner) ist einfach der Beste. Er ist derjenige mit den Rekorden und derjenige, der mit einer unglaublichen, übermenschlichen Rettungsaktion Schlagzeilen gemacht hat. Auch an diesem speziellen Tag ist er wieder einmal zu einem - für seine Verhältnisse - Routine-Einsatz unterwegs, bei dem zunächst alles nach Plan läuft, dann jedoch einfach alles gründlich schief geht. Sein gesamtes Team kommt bei diesem Einsatz ums Leben und er selbst gibt sich die Schuld dafür. Zudem quält ihn die Frage, warum ausgerechnet er überleben durfte. Ben hängt seine Karriere an den Nagel, wodurch seine Ehe jedoch auch nicht mehr zu retten ist. Um zu diesen Geschehnissen Abstand zu gewinnen, wird er mit der Aufgabe vertraut, in einem Elite-Camp den Job des Ausbilders zu übernehmen. Sehr schnell erweist er sich als überaus harter Hund, der die Durchfallquote stark nach oben drückt. Besonders der junge Jake Fisher (Ashton Kutcher), ein Schwimm-Champion, bereitet ihm Kopfzerbrechen. Er ist hoch talentiert, bricht Bens Rekorde reihenweise, auch an Ehrgeiz mangelt es ihm nicht, jedoch scheint er nicht zu verstehen, worauf es bei einem Rettungsschwimmer vor allem ankommt. Doch hinter Jakes extrovertiertem Auftreten verbirgt sich mehr, als es zunächst den Anschein hat.
Klingt alles irgendwie bekannt, nicht wahr? "Jede Sekunde zählt" zeichnet sich nicht gerade dadurch aus, das Rad des Heldenfilms neu zu erfinden. Eine Gruppe junger ambitionierter Möchtegern-Rettungsschwimmer quält sich durch eine super-harte Ausbildung, geleitet durch eine ebenso gequälte Seele mit dunkler Vergangenheit - harte Schale, weicher Kern eben. Die erste halbe Stunde dieses mehr als zweistündigen Werkes macht auch nicht unbedingt Mut, dass Regisseur Andrew Davis diesem Szenario irgendetwas Neues abgewinnen könnte: flache Dialoge und Charaktere, die regelrecht nach Klischee stinken. Auch die ersten Ausbildungsetappen bieten nicht wirklich etwas, das man nicht schon einmal irgendwo gesehen hätte, und zwar besser.
Wenn man dann jedoch so allmählich beginnt, vornehmlich die beiden Hauptcharaktere lieb zu gewinnen, weil sie endlich auch mal ein paar wirklich menschliche Züge annehmen, und die Ausbildung doch noch die eine oder andere Überraschung parat hat, legt der Film qualitativ logischerweise stark zu. Die Kneipentour der Jungs (und des einen Mädels) beispielsweise unterhält auf einem angenehmen Niveau, auch wenn das, was die Charaktere so von sich geben, nicht übermäßig intelligent ist, die kleine Romanze ist mehr sympathisch als nervig und vor allem die psychologischen Aspekte während der Ausbildung halten das Interesse hoch. Eine der besten Szenen des Films ist jene scheinbar Vergnügliche, in der Randall einen Tag anordnet, an dem Rekorde gebrochen werden sollen, Jake dies natürlich auch tut, sich die Atmosphäre in der Schwimmhalle dann jedoch Schritt für Schritt ins Gegenteil verkehrt, besonders für Jake, dem hier sehr Praxisorientiert vor Augen gehalten wird, wie viel Rekorde in der Rettungsschwimmer-Realität wirklich zählen.
Nach einem netten einstündigen Mittelteil lässt "Jede Sekunde zählt" in der letzten halben Stunde dann leider noch einmal ziemlich stark nach. Das Trauma von Ben wird auf allzu plumpe Art und Weise bemüht und von den etlichen rührseligen Szenen gegen Ende funktioniert nicht einmal die Hälfte. Während die Geschichte um Bens Ehe ziemlich kalt lässt, gelingt die "Ich lasse nicht los"-Szene sehr ordentlich, gefolgt wiederum von einem Abschluss (der mystische Bogen, der zum Beginn des Films geschlossen wird), der höchst unterschiedliche Gefühle hervorruft.
So ergeht es einem auch mit den beiden Hauptdarstellern, Kevin Costner und Ashton Kutcher. Beide haben ihre großen Momente, aber auch weniger große. So steht Costner die Rolle des Ausbilders, des knallharten Hundes, deutlich besser zu Gesicht als die des Rettungsschwimmers, besonders wenn dieser von seinem Trauma heimgesucht wird. Bei Kutcher lässt sich solch ein Strich nicht so einfach ziehen. Gute und schlechte Szenen wechseln sich laufend ab, wobei deutlich festzuhalten bleibt, dass die guten überwiegen. Seine Leistung ähnelt jener aus "Butterfly Effect", als er den Film stellenweise deutlich nach unten gerissen, ihm an anderer Stelle aber auch zu wirklich starken Momenten verholfen hat. Es bleibt also weiterhin offen, wohin der Weg des ehemaligen MTV-Clowns führt.
Wer zur Vorstellung dieses Films zu spät kommt und zudem ganz genau weiß, dass er sie auch schon etwas eher wieder verlassen muss, sollte sich nicht allzu viele Gedanken darüber machen. Das Beste am Film ist sowieso der Mittelteil. Wer ohne große Ansprüche an dieses Projekt heran tritt, könnte eventuell sogar positiv überrascht werden. Einerseits lässt er sich über die gesamte Dauer recht angenehm sehen, andererseits wird man aber auch fast gar nichts davon in Erinnerung behalten. "Fast", denn wie bereits eingangs erwähnt, kann man sich hier ein ausgezeichnetes Bild von der Arbeit der Rettungsschwimmer machen. Diese Männer und Frauen sind um ihren Job wirklich nicht zu beneiden, doch trotzdem (oder gerade deshalb) muss man mehr als froh sein, dass es sie gibt.
Note: 3+
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