Kaltes Land
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Land: |
USA |
Laufzeit: |
126 Minuten |
FSK: |
12 |
Starttermin: |
9. Februar 2006 |
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Genre: Drama
Regie: |
Niki Caro |
Drehbuch: |
Michael Seitzman |
Darsteller: |
Charlize Theron, Frances McDormand, Sean Bean, Woody Harrelson, Elle Peterson, Thomas Curtis,
Jeremy Renner, Richard Jenkins, Sissy Spacek, James Cada, Rusty Schwimmer, Linda Emond,
Michelle Monaghan, Brad Henke, Jillian Armenante, Amber Heard, John Aylward, Xander Berkeley,
Corey Stoll, Cole Williams, Bryan Fagerstrom, Chris Mulkey, Aaron Shiver, Clif Stokes,
Sage Coy, Marcus Chait |
Kamera: |
Chris Menges |
Schnitt: |
David Coulson |
Musik: |
Gustavo Santaolalla |
Man stößt manchmal auf Zusammenhänge, die einen stark verwundern. Sowohl Charlize Theron als auch Frances McDormand spielen im bescheidenen Science-Fiction-Streifen "Aeon Flux" mit, nur um anschließend ihr wahres schauspielerisches Können im Drama "Kaltes Land" zu präsentieren. Und was passiert? Prompt werden beide im Doppelback für die beste weibliche Haupt-, beziehungsweise Nebenrolle nominiert: für den BAFTA Award, den Satellite Award, den Screen Actors Guild Award, den Golden Globe und schließlich für den Oscar. Dies dient hoffentlich als Ansporn, sich zukünftig von unterdurchschnittlicher Massenabfertigungsware fern zu halten. Wobei Charlize Therons erster Oscargewinn sie ja auch nicht vom Mitwirken in "Aeon Flux" abgehalten hat.
Nachdem wir erfahren haben, dass 1975 die erste Frau in einem Bergwerk eingestellt wurde, steigen wir im Jahre 1989 ein, in dem 29 von 30 Minenarbeitern männlich sind. Josey Aimes (Charlize Theron) ist gerade mit ihren beiden Kindern Karen (Elle Peterson) und Sammy (Thomas Curtis) vor ihrem gewalttätigen Freund in den Norden von Minnesota geflüchtet, wo sie zunächst im Haus ihrer Eltern Unterschlupf findet. Besonders das Verhältnis zu ihrem Vater Hank (Richard Jenkins) ist jedoch sehr stark gestört, was unter anderem auf ihre frühe Schwangerschaft zurückzuführen ist. Nur noch schlimmer wird es, als sich Josey dazu entschließt, im Bergwerk zu arbeiten, wodurch sich viel Geld machen ließe - sechs mal so viel wie als Friseurin. Jedoch ist sie sich nicht im Klaren darüber, was sie erwartet: Frauen werden in diesem von Männern dominierten Beruf nicht akzeptiert, stattdessen als Last und Hindernisse angesehen, die anderen Männern, die mehr Leistung erbringen könnten, die Arbeit wegnehmen. Dies lassen sie die Frauen durch üble Streiche und sexuelle Belästigungen spüren. Als eines Tages Bobby Sharp (Jeremy Renner), eine Person, die Josey aus ihrer Jugend kennt, tätlich wird, zieht sie vor Gericht. Doch ihr Wort steht gegen das von hundert anderen und selbst die Frauen, die die Wahrheit kennen, haben Angst davor, sie zuzugeben, da sie nur noch schlimmere Bosheiten fürchten.
Was "Kaltes Land" ausmacht, sind die starken und glaubwürdigen Charaktere. Beginnend mit Josey, die sich sehr schnell zwischen allen Stühlen befindet: Sie flüchtet vor ihrem Freund und trifft zu Hause auf einen Vater, der ebenfalls im Bergwerk arbeitet und sich für seine Tochter schämt; sich auf die Seite der anderen schlägt, anstatt sie zu unterstützen. Das Verhältnis zu ihrem Sohn Sammy erweist sich ebenfalls als gestört, spätestens als dieser in seinem Eishockey-Verein auf Grund der Tätigkeit seiner Mutter ins Abseits gerät. Dass die Männer auf Arbeit für Josey ein Problem darstellen, ist klar, doch auch die Frauen machen ihr schon bald Vorwürfe, dass sie die immer übler werdenden Scherze regelrecht provoziere, indem sie die Attacken nicht einfach über sich ergehen lässt. Und um ihren Ruf in der Stadt ist es auch nicht gerade zum Besten bestellt, nachdem sie jeweils in aller Öffentlichkeit zunächst als Schlampe hingestellt und anschließend ihren Kindern gegenüber aggressiv wird Einzig in Glory (Frances McDormand) und Kyle (Sean Bean) sowie dem Ex-Eishockeyspieler und nun Anwalt Bill White (Woody Harrelson) findet sie richtige Freunde. Eigentlich eine Konstellation, die die Reize vieler Dramen ausmacht. Szenen, bevorzugt natürlich im Bergwerk, in denen Josey beschimpft und belästigt wird, wechseln sich mit jenen Herz Erwärmenden ab, in denen sie Beistand durch Glory und Kyle erhält.
Die Frage, warum sie nicht einfach hinschmeißt, beantwortet Josey selbst: Das hohe Gehalt ermöglicht ihr, selbst für ihre Kinder zu sorgen und ihnen etwas bieten zu können, ohne dabei speziell vom Geld ihrer Eltern und noch spezieller ihres Vaters abhängig zu sein. Die Sympathien im Kampf gegen eine von Vorurteilen, überheblichem Denken und Arroganz geprägten Männerwelt sichert sie sich sehr schnell - völlig egal, welchem Geschlecht der Zuschauer angehört. Ihren emotionalen Höhepunkt findet diese Auseinandersetzung schließlich, wenn Josey mit einem Mikrofon auf der Bühne steht und ihr der Hass von Hunderten von Männern ins Gesicht schlägt.
Leider versagt "Kaltes Land" dann jedoch in den letzten Minuten völlig. Das Ende kommt urplötzlich und nicht so, wie man es erwartet - was in diesem Fall leider negativ zu bewerten ist. Denn während dem Zuschauer eigentlich permanent suggeriert wird, dass alles auf die große Verhandlung hinaus läuft, ging es eigentlich die ganze Zeit über um etwas anderes. Das Ergebnis der Verhandlung wird abschließend in ein paar Zeilen Text abgehandelt. Schlimm ist zudem, dass das enttäuschende Ende auch noch auf eine enttäuschende Art und Weise erreicht wird. Sorgsam werden zwei Stunden lang sämtliche Konflikte und Verstrickungen aufgebaut, nur damit am Ende alles in einer lächerlichen Szene wieder ins Positive gewendet wird. Es wirkt beinahe so, als hätte Regisseurin Niki Caro auf die Uhr geschaut, gemerkt, dass die zwei Stunden um sind und sich gesagt "Okay, ich hatte zwar mehr vor, aber machen wir halt hier Schluss. Wie ist auch egal, Hauptsache der Film ist fertig". Der Abfall des Niveaus vom übrigen Film zum Ende hin ist eklatant und stellt ein mittelgroßes Ärgernis dar.
Das Drama lebt wie kein anderes Genre von seinen Darstellern und hier wiederum weiß "Kaltes Land" vollends zu überzeugen. Das beginnt bei eingangs erwähnten Charlize Theron und Frances McDormand, geht weiter mit etablierten Schauspielern wie Sean Bean, Woody Harrelson, Richard Jenkins und Sissy Spacek und endet mit den Kinderdarstellern Elle Peterson und Thomas Curtis. Der Cast, der sich hier versammelt hat, kann sich absolut sehen lassen und überzeugt mit jeder einzelnen Person.
Sieht man einmal vom wirklich enttäuschenden Ende ab, ist "Kaltes Land" ein wirklich guter Film. Die überzeugenden Leistungen der Schauspieler, ein teilweise bewegend vorgetragener Kampf einer Frau für Gleichberechtigung, sympathische und weniger sympathische, aber durchweg überzeugende Charaktere sowie einige wunderschöne Aufnahmen von Landschaft und Bergwerk tragen zu einem ordentlichen Filmerlebnis teil. Dass "Kaltes Land" letzten Endes nicht noch weiter heraus sticht, liegt an den zu durchschnittlichen Dialogen, die ein gutes Drama halt immer noch von einem Großen unterscheiden.
Note: 2
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