Nicht auflegen!
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Land: |
USA |
Laufzeit: |
81 Minuten |
FSK: |
16 |
Starttermin: |
7. August 2003 |
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Genre: Thriller
Regie: |
Joel Schumacher |
Drehbuch: |
Larry Cohen |
Darsteller: |
Colin Farrell, Kiefer Sutherland, Forest Whitaker, Radha Mitchell, Katie Holmes,
Paula Jai Parker, Arian Ash, Tia Texada, John Enos III, Richard T. Jones, Keith Nobbs,
Dell Yount, James MacDonald, Josh Pais, Yorgo Constantine, Colin Patrick Lynch,
Troy Gilbert, Richard Paradise, Seth William Meier, Swetlana Efremowa |
Kamera: |
Matthew J. Libatique |
Schnitt: |
Mark Stevens |
Musik: |
Harry Gregson-Williams |
Versucht Euch einmal vorzustellen, dass sich fast die gesamte Handlung eines Thrillers innerhalb einer Telefonzelle abspielt. Das soll spannend und unterhaltend sein? Ja, das ist es! Nicht selten ist es der Fall, dass solch gewagte, außergewöhnliche Experimente zu einem gelungenen Ergebnis führen. Ob im Kino, wenn bei "Memento" die Geschichte überwiegend rückwärts erzählt wird, oder im Fernsehen, wenn bei "Buffy" eine mehrfach ausgezeichnete, komplette Episode als Musical gedreht wird und zu einem der großartigsten Momente avanciert, der jemals im Fernsehen zu bewundern war. Das Endergebnis bei "Nicht auflegen!" spielt zwar bei Weitem nicht in den Größenregionen, wie die vorangegangen zwei Beispiele, kann sich aber allemal sehen lassen.
Die Handlung ist schnell beschrieben. Stu Shepard (Colin Farrell) ist auf gut deutsch ein arrogantes Arschloch. Er ist das absolute Abbild eines erfolgreichen Geschäftsmanns: an jedem Ohr ein Handy; ein leicht trotteliger Assistent, der ihn auf Schritt und Tritt begleitet, und schließlich die allseits bekannte Eigenschaft, dass er sich um niemanden, als sich selbst schert. Hinzu kommt eine Affäre. Dies ist auch der Grund dafür, dass er sich in eine Telefonzelle begibt, da seine Frau Kelly (Radha Mitchell) seine Handyrechnung überprüft und so Verdacht schöpfen könnte. Kurz nachdem er einen Pizzaboten schroff abgewiesen hat, der eine Pizza an diese Telefonzelle liefern sollte, klingelt es - und er geht ran. Das hätte er mal lieber lassen sollen. Ein anonymer Anrufer (Kiefer Sutherland) bedroht ihn, droht damit ihn zu erschießen, wenn er das Gespräch abbricht und die Telefonzelle verlässt. Stu fasst das Ganze zunächst noch als üblen Scherz auf, wird sich aber spätestens dann des Ernsts der Lage bewusst, als sein Gesprächspartner einen Passanten erschießt. Der Psychopath am anderen Ende der Leitung, der es sich zum Ziel gesetzt hat, Menschen für ihre moralischen Vergehen zu bestrafen, fordert Stu dazu auf, seine Affäre seiner Frau zu beichten. Zu allem Übel läuft zusätzlich ein gewaltiges Polizeiaufgebot auf, welches ihn als Täter verdächtigt. Stu sitzt nun mächtig in der Klemme.
Es ist absolut bemerkenswert, wie es Drehbuchautor Larry Cohen und Regisseur Joel Schumacher gelingt, kontinuierlich den Adrenalinspiegel zu steigern und Worte wie Langeweile und Spannungsarmut ganz weit zu verbannen. In der kurzen Einführungssequenz wird Stu vorgestellt, zunächst als äußerst unsympathischer Charakter. Von Beginn des bedrohlichen Telefongesprächs an fesselt das Spiel zwischen Stu und seinem Anrufer. Glaubwürdig verändert er sein Verhalten, zunächst Arroganz, dann Skepsis und schließlich nackte Angst. Sein erstes Highlight bietet der Film dann auf, wenn plötzlich ein paar Prostituierte mitsamt ihrem Zuhälter auftauchen und Stu immer verärgerter dazu zwingen wollen, die Telefonzelle zu verlassen. Aber er kann nicht, die bedrohliche Stimme am Ohr hindert ihn daran. Als schließlich noch die Polizei aufkreuzt, entfaltet der Film seine gesamte Wucht. Auf der einen Seite darf er den Polizisten, die davon ausgehen, dass er der Mörder des Passanten ist, keinen Anlass dazu geben, ihn zu erschießen, zum anderen muss er seinen Gesprächspartner bei Laune halten, da dieser damit droht, ihn oder seine mittlerweile ebenfalls aufgekreuzte Frau oder Affäre, Pamela McFadden (Katie Holmes), zu erschießen.
Dadurch, dass die Kamera Stu für keine Minute aus dem Auge lässt, erhöht sich Schritt für Schritt die Intensität des Films, der Zuschauer fiebert immer stärker mit dem zunächst ungeliebten Charakter mit und schafft es irgendwie auch, sich mit ihm zu identifizieren. Drehbuch und Inszenierung schaffen es bis auf ganz wenige Ausnahmen, den Zuschauer konsequent bei der Stange zu halten, was natürlich auch dadurch erreicht wird, dass sich der Film mit einer Laufzeit von etwa 80 Minuten als kurz, aber vor allem knackig erweist. Den einzigen Schwachpunkt stellt vielleicht das Ende dar. Der absolute Knaller bleibt aus und der Versuch, den Zuschauer zu täuschen, schlägt fehl. Bei erneutem Nachdenken stellt sich dieser unspektakuläre Abschluss allerdings als recht passend heraus, da er sich in die Schlichtheit des Filmes im Bezug auf seinen Schauplatz einfügt und so die Grundstimmung des Vorherigen wiedergibt.
Neben dem intelligenten Drehbuch und der durchdachten Regie sorgt natürlich auch Colin Farrell für das Gelingen des Films. Arrogant und rücksichtslos, verzweifelt und bemitleidenswert - beides spielt er ausgezeichnet. Er zieht den Zuschauer immer stärker auf seine Seite, obwohl sein Charakter so viele Fehler begangen hat, aber genau das und die Einsicht dieser macht ihn ja gerade menschlich. Sein Gegenpart Kiefer Sutherland taucht nur in einer Szene auf.
So ist "Nicht auflegen!" also ein überdurchschnittlich intelligenter Thriller, der von Beginn an die Spannung steigert und oftmals durch kleine geniale Ideen begeistert. Das Gespräch zwischen Stu und dem Anrufer hält so manche kleine Überraschung parat und schafft es, über die gesamte, zugegeben recht kurze, Laufzeit zu unterhalten. Nichts Spektakuläres, aber ein kleines Meisterwerk innerhalb des Machbaren.
Note: 2
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