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Silent Hill



Land: Kanada / Frankreich
Laufzeit: 126 Minuten
FSK: 16
Starttermin: 11. Mai 2006

Genre: Horror

Regie: Christophe Gans
Drehbuch: Roger Avary
Darsteller: Radha Mitchell, Laurie Holden, Jodelle Ferland, Sean Bean, Deborah Unger, Tanya Allen, Alice Krige, Kim Coates
Kamera: Dan Laustsen
Schnitt: Sebastien Prangere
Musik: Jeff Danna








Einen wirklich hohen Bekanntheitsgrad hat der französische Regisseur Christophe Gans bisher noch nicht erreicht. So ist dieser Name zwar Genrefreunden sicherlich durch die Filme "Pakt der Wölfe" und "Crying Freeman" ein Begriff, doch weist die Filmographie bis auf eine hierzulande direkt auf Video veröffentlichte Produktion und ein in den frühen 80ern entstandenes Werk keine weiteren Titel auf. Mit "Silent Hill", der Umsetzung eines der bekanntesten Video-Spiele, dürfte sich das alles nun schlagartig ändern. Nach fünfjährigem Kampf des Regisseurs darum erscheint nun also der neueste Versuch einer Interpretation in Filmform, im Wesentlichen basierend auf den Teilen 1 und 3 des Spiels. Der Spielkauf vor Filmbeschauung ist übrigens nicht nötig - man kann der Handlung auch ohne Vorwissen problemlos folgen, ein wenig Aufmerksamkeit vorausgesetzt.

Die kleine Sharon (Jodelle Ferland) bereitet ihren Eltern Rose (Radha Mitchell) und Christopher DaSilva (Sean Bean) reichlich Sorgen. Nicht nur, dass sie aufgrund ihres Schlafwandelns in gefährliche Situationen gerät, spricht sie in ihren Träumen regelmäßig von einem Ort namens "Silent Hill". Rose sieht die einzige Möglichkeit, ihrer Tochter zu helfen, darin, diesem Ort, laut Internet eine Geisterstadt, einen Besuch abzustatten. Kurz vor Silent Hill ergreift sie die Flucht vor einer sie verfolgenden Polizistin (denn die Stadt darf infolge eines unterhalb der Oberfläche immer noch aktiven Kohlebrands nicht betreten werden) und baut einen Unfall. Als Rose wieder zu sich kommt, ist Sharon spurlos verschwunden. Während es Asche vom Himmel regnet, macht sich die sorgende Mutter auf die Suche nach ihrer Tochter, trifft dabei auf Gestalten, die sie an ihrem Verstand zweifeln lassen und deckt ein grausige Geheimnis, das knapp ein halbes Jahrhundert in die Vergangenheit zurück reicht, auf.

Da sich Gans nicht mehr Zeit nimmt, als unbedingt nötig, um den Zuschauer in die Handlung sowie seine Charaktere einzuführen, lässt er Rose bereits nach etwa einer Viertelstunde das unheimliche Geisterstädtchen betreten. Und hier beginnt für das Publikum das Vergnügen. All die Ereignisse, die sich in Silent Hill abspielen, aber auch der Ort an sich, sind ein einziger optischer Leckerbissen, realisiert von einem mehr als versierten Regisseur. Bereits der Ascheregen und der zeitgleich über der ganzen Stadt liegende graue Schleier geben einen kleinen Vorgeschmack auf noch folgende Schmankerl.

Nach wenigen Minuten der Suche ertönt plötzlich eine Sirene und der gesamte Himmel verdunkelt sich - mit diesem Wandel einhergehen die Auftritte der Ausgeburten der Hölle. Halten sich andere Filme gewöhnlich sehr lange damit zurück, ihre Kreaturen zu offenbaren, geschieht dies hier noch im ersten Filmviertel - es gibt ja schließlich auch genügend von ihnen. Auf jeden Fall gehören jene Wesen zu den weiteren Highlights, die sich dem Auge des Betrachters präsentieren. Ein riesiges Kompliment muss Kostüm und Maske gemacht werden, denn selten zuvor hat man solch gruselige Gestalten zu Gesicht bekommen - ihre staksigen Bewegungen; ihre irgendwie zu erahnenden, aber doch nicht wirklich vorhandenen Ähnlichkeiten mit Menschen. Natürlich wird hier auch erstklassig mit dem in jenen Momenten spärlich eingesetzten Licht gearbeitet, um das alles entsprechend in Szene zu setzen. Die perfekt gewählten Kulissen tragen - den gesamten Film über - ihr Übriges dazu bei. Manchmal ist "Silent Hill" zwar nicht wirklich gruselig, jedoch einfach faszinierend zu beobachten. Satt sehen kann man sich garantiert nicht. Grusel-Highlight: der Mann mit dem Pyramidenkopf.

Erhält man zunächst den Eindruck, dass "Silent Hill" das Grauen zunächst "nur" durch seine bestechenden Bilder in den Kinosaal transportiert, kommt in der zweiten Hälfte noch jede Menge Gewalt hinzu. So viel und in Formen, dass die Freigabe ab 16 zwingend erforderlich ist und auch ab 18 gerechtfertigt gewesen wäre. Hier werden Menschen gehäutet, in Stücke zerfetzt, verbrannt und durchspießt. Kunstblut gab es entweder mal wieder im Sonderangebot oder die Reste aus "Volume 1" sind immer noch nicht aufgebraucht. Doch gewissermaßen ist diese Härte in "Silent Hill" wichtig; zeigt sie doch die Grausamkeit der dunklen Geschöpfe. Der einzige Instinkt dieser Wesen ist der des Vernichtens.

Nun habe ich die Arbeit Christohe Gans' in den Himmel gelobt - Zeit für ein wenig negative Kritik. So bestehen die meisten Filme - zumindest sollten sie das - bekanntlich nicht nur aus Bildern, sondern auch einer Handlung. Selbst die ist in "Silent Hill" nicht das Problem, jedoch zumindest in drei Punkten nicht optimal gelöst. 1. Die Erklärung für die sich in Silent Hill zutragenden Ereignisse gewinnt keinen Sonderpreis für besondere Originalität. 2. Die Art und Weise, wie man diese Erklärung im Film unterbringt, tut es ebenfalls nicht; nach dem Motto: "Tata, und hier kommt nun die Erklärung", also mit dem Holzhammer - auch wenn zu sagen ist, dass die sie unterstützenden Bilder natürlich wieder überragend sind. Punkt 3 ist die Schlusswendung, wenn es denn eine sein soll. Ist dies der Fall, dann verfehlt sie jegliche Wirkung, da sie sich eigentlich von Beginn an erahnen lässt und im Verlaufe des Films im Grunde auch schon preisgegeben wird. Da sich das Ende aber nicht unbedingt anfühlt wie ein "Ha! Schaut, was wir uns noch einmal für euch ausgedacht haben!", unterstellen wir dem Film mal nicht den gescheiterten Versuch eines Überraschungsmoments. Abgesehen von diesen Mängeln funktioniert "Silent Hill" jedoch auch auf narrativer Ebene recht gut, besonders dem Folgen von kleinen Hinweisen, was es mit der Stadt auf sich hat und wo Roses Tochter steckt, macht Spaß.

Ebenfalls schön: Die überwiegend weibliche Darsteller-Riege macht ihre Sache richtig gut. Primär wäre da natürlich Radha Mitchell zu nennen, die die sorgende Mutter gibt und sämtliche Stadien ihres Charakters (Ungläubigkeit, Angst, Verzweiflung) zur vollen Zufriedenheit durchläuft. Sean Bean scheint auf Horrorfilm-Rollen, in denen kleine Mädchen verschwinden, abonniert - man erinnere sich an "The Dark" vor einem Vierteljahr. Da er seine Sache, erneut der sorgende Vater, gut macht und die entsprechenden Mimiken wohl schon einprogrammiert hat, stört das nicht weiter. Nach "Flightplan", "Die Insel", "Kaltes Land" und eben "The Dark" ist sein Auftritt in "Silent Hill" bereits der Fünfte, den das deutsche Publikum innerhalb eines Dreivierteljahres zu Gesicht bekommt. Wie die Eltern, so das Kind: Auch Jodelle Ferland hinterlässt in ihrer Doppelrolle einen guten Eindruck und könnte bei dem Einen oder Anderen für eine Gänsehaut sorgen. Erstaunlich, wie böse Kinder doch gucken können.

Fassen wir mal zusammen… Wer sich visuell gerne überwältigen lässt, einfach nur die Bilder auf sich wirken lassen möchte, hat ab sofort einen weiteren Film auf dem Zettel stehen. "Silent Hill" verfügt über eine ähnliche optische Wucht wie "Sin City", jedoch nicht ganz so revolutionär. Irgendwie hat man das Meiste sicher schon mal irgendwo gesehen, aber das alles so zusammenzufügen zu einem stimmigen Ganzen - das muss auch erstmal einer nachmachen. Die Handlung sollte man vielleicht im Nachhinein nicht hinterfragen, jedoch verleiht sie dem Film ein sehr stabiles Fundament. Also: Nach diesem Werk sollte Christophe Gans nun jedem ein Begriff sein, denn mit "Silent Hill" ist ihm der beste pure Horrorfilm seit sehr, sehr langer Zeit geglückt - und ein Außergewöhnlicher noch dazu.



Note: 2



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