Spider-Man 2
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Land: |
USA |
Laufzeit: |
127 Minuten |
FSK: |
12 |
Starttermin: |
8. Juli 2004 |
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Genre: Comic-Action
Regie: |
Sam Raimi |
Drehbuch: |
Alvin Sargent |
Darsteller: |
Tobey Maguire, Alfred Molina, Kirsten Dunst, James Franco, Rosemary Harris,
J.K. Simmons, Donna Murphy, Elizabeth Banks, Bill Nunn, Vanessa Ferlito, Ted Raimi |
Kamera: |
Bill Pope |
Schnitt: |
Bob Murawski |
Musik: |
Danny Elfman |
Eigentlich müsste man es ja besser wissen und doch begeht man immer wieder diesen Fehler: Man lässt sich von den erstklassigen Trailern beeindrucken und schraubt seine Erwartungen für einen Film ins Unermessliche. Wenn dann auch noch sonst zuverlässige Kritiken entsprechend positiv ausfallen, geht man endgültig von einem wunderbaren Kinogang aus. Der Film beginnt…er läuft eine Stunde…und schon flimmert der Abspann über die Leinwand. Und spätestens hier breitet sich Enttäuschung aus und die Erkenntnis, dass diese einen schon wieder erwischt hat, kristallisiert sich heraus. Ich will potenzielle Kinogänger beileibe nicht verschrecken, "Spider-Man 2" ist mit diversen Abstrichen trotzdem sehenswert, doch da er seinem eigenen Vorgänger nicht das Wasser reichen und hoch gesteckte Erwartungen nicht erfüllen kann, muss man ihn wohl insgesamt als zumindest kleine Enttäuschung ansehen.
"Spider-Man 2" schlägt einen viel düsteren Ton an als der erste Teil. Vieles geht schief im Leben von Peter Parker (Tobey Maguire). Er schafft es einfach nicht, sein normales Leben und das eines Superhelden unter einen Hut zu bringen, vernachlässigt Beruf, Studium und seine große Liebe Mary Jane (Kirsten Dunst). Seinen Job als Pizzaboten verliert Peter, nachdem er auch seine letzte Chance vergeigt hat. Auch J. Jonah Jameson (J.K. Simmons), Chef des "Daily Bugle", also jenen Blattes, das den Spinnenmann täglich in der Luft zerreißt, zeigt sich über Peters Arbeit alles andere als glücklich. Seine spektakulären Fotographien von Spider-Man blieben in letzter Zeit aus. Dr. Connors, Peters Dozent, der über ihn urteilt, er sei "brillant, aber zu faul", äußert sich ebenfalls unzufrieden gegenüber Parker. Kein Wunder, wenn er doch ganze Vorlesungen auslässt. Bei dem Namen "Dr. Connors" müsste bei eingefleischten Fans des Comics ein Licht aufgehen, mehr soll allerdings hinsichtlich des dritten Teils nicht verraten werden.
Sein größtes Problem jedoch liegt, wie so oft, in der Liebe. Wie gerne würde er Mary Jane doch seine Liebe gestehen, aber es geht ganz einfach nicht. Wüssten seine Widersacher von ihr und seiner wahren Identität, hätten sie ein optimales Druckmittel, das sie gegen ihn verwenden könnten. M.J. hingegen ist sich seiner Liebe durchaus bewusst und empfindet ebenfalls mehr als offensichtlich Gefühle für ihn, ist jedoch das ewige Zögern Leid und zusätzlich von Peter als besten Freund enttäuscht, als er es wieder einmal nicht schafft, sein Versprechen einzuhalten und ihren Theaterauftritt zu verfolgen. Zudem hängt die Freundschaft zu Harry Osborn (James Franco) nicht mal mehr am seidenen Faden, sie bröckelt dahin. Harry macht die Spinne für den Tod seines Vaters verantwortlich und ist sich der engen Bindung zwischen Peter und Spider-Man bewusst. Das kann er nicht nachvollziehen.
Doch nun kommt es knüppeldick. Mary Jane eröffnet Peter, dass sie heiraten werde; Harry beendet seine Freundschaft zu Peter endgültig; Tante May (Rosemary Harris) steckt in einer schweren finanziellen Krise und trauert ihrem vor zwei Jahren verstorbenen Mann immer noch nach; und nun verliert Peter auch noch regelmäßig seine speziellen Kräfte. Das ist zu viel. So kann er nicht weiterleben. Mit Spider-Man ist es vorbei. Zum ungünstigsten Zeitpunkt taucht nun aber mit Doc Ock, einem genialen und sympathischen, aber durch einen Unfall dem Wahnsinn verfallenen Wissenschaftler, eine gewaltige Bedrohung auf. Zusätzlich steigt die Verbrechensrate um 75 Prozent. Die Einsicht, dass er der Bedrohung als Einziger gewachsen ist und eine ihn ergreifende Predigt seiner Tante May über Helden stimmen ihn um: Spidey ist wieder da. Und er nimmt den Kampf mit Doc Ock auf, welcher sich inzwischen Mary Jane als Geißel geschnappt hat.
An der Ausführlichkeit der Inhaltsangabe lässt sich bereits erkennen, was diesen Teil von seinem Vorgänger maßgeblich unterscheidet: die Komplexität des Handlungsgeflechts. Immens viele Charaktere tragen dazu bei, die Entscheidungen von Peter zu beeinflussen oder in eine andere Richtung zu lenken. Zudem bestehen auch zwischen den anderen Charakteren diverse Verbindungen, so dass sich insgesamt ein in sich geschlossenes Beziehungsgefüge ergibt. Es ist diesem Teil höchst positiv anzurechnen, dass er sich bemüht, auf Non-Stop-Action zu verzichten und dem Zuschauer stattdessen eine durchdachte, bewegende und überraschende Geschichte zu präsentieren. Das jedoch geht teilweise gründlich schief.
In manche Dialoge wurden dermaßen viele Klischees gepackt, dass es schon anfängt, zu schmerzen. Es sind zweifelsfrei tolle Ansätze vorhanden und wenn Peter am Boden zerstört mit seinem Superhelden-Leben abschließt, überzeugt dies sofort und nimmt richtige Züge eines ausgezeichneten Dramas an, allerdings lösen sich viele Probleme und Konflikte allzu simpel auf. Da muss nur mal ein brennendes Haus mit einem eingeschlossenen Kind oder ein kleiner Junge, der von seinem Idol Spider-Man spricht, her und schon ändert Peter seine Einstellung. Das ist oftmals leider wenig originell und stark nervend. Vieles wird außerdem zu einseitig dargestellt, in etwa wenn es den Anschein hat, dass Mary Jane ihren Verlobten nur dazu benutzt, Peter eifersüchtig zu machen und ihr endlich seine Liebe zu gestehen. Dass dies doch eigentlich eine sehr negative Handlung ist, kommt niemals zur Ansprache.
Doch genug des laberlastigen Handlungsverlaufs und der tonnenweiße angehäuften Klischees: "Spider-Man 2" ist überraschend witzig, viel witziger als Teil 1. Zugegeben: Ab und zu eher unfreiwillig, aufgrund manch allzu haarsträubender Klischees, aber der Film hat auch viele gut durchdachte Gags parat, zum Beispiel wenn Spidey den Fahrstuhl benutzen muss, weil seine Spinnenkräfte mal wieder versagen und sich ein kleines Gespräch über die Bequemlichkeit seines Anzugs mit einem anderen Mann entwickelt. Oder wenn Peter sein Spinnenkostüm wäscht uns sich seine restliche Wäsche dabei rot-blau verfärbt. Natürlich schafft es auch das Zusammenspiel der Charaktere zu unterhalten. Insbesondere J. Jonah Jameson, ideal besetzt durch J.K. Simmons, liefert einen Gag nach dem anderen, wobei der gesamte Film dadurch keineswegs zur Lachnummer verkommt, es reduziert sich auf ein gesundes Maß. Dass einige offensichtliche Gags dabei nicht zünden, ist verzeihlich.
Seine Highlights setzt "Spider-Man 2" wenig überraschend ganz klar in seinen spektakulären, rasanten und irrwitzigen Action-Einlagen. Durch die Luft fliegende Autos gehören mittlerweile in jedem Action-Film, der sich als dieser bezeichnen will, zum Standardrepertoire, doch einen mit vier Tentakel ähnlichen Armen bestückten Irren auf, in und neben einem fahrenden Zug gegen Spidey kämpfen zu sehen, gehört mit großer Sicherheit zum Beeindruckendsten, was jemals auf der Leinwand zu sehen war und gleicht somit viele andere Schwächen wieder aus. Auch die Sequenz, in der sich die beiden Kontrahenten auf einem Kirchturm bekämpfen wird garantiert die meisten Münder offen stehen lassen. Bill Pope, der sich für die Kamera verantwortlich zeigt, ist hier ein riesiges Kompliment zu machen, denn ohne diese sensationellen Kameraeinstellungen oder Kamerafahrten durch die Häuserschluchten wäre das Ganze nur noch halb so spaßig.
Doc Ock ist eben ganz einfach der Bösewicht, mit dem sich spektakulärere Szenen umsetzen lassen, als mit dem Grünen Kobold. Auch der Charakter des Widersachers von Spidey im zweiten Teil weiß besser zu gefallen, als noch im Ersten. Dr. Otto Octavius, so sein bürgerlicher Name, stellt sich als äußert sympathischer Wissenschaftler heraus, der für Peter noch so manchen guten Rat parat hat. Nach dem unglücklichen Unfall, bei dem auch seine Frau ums Leben kommt, verfällt er jedoch dem Wahnsinn, beziehungsweise seine mechanischen Arme übernehmen die Kontrolle. Tatsächlich empfindet der Zuschauer Mitleid für ihn, wozu natürlich auch das Ende seinen gewissen Teil beiträgt. Alfred Molina begeistert mit seinem Spiel und verkörpert den Superschurken äußerst cool und überzeugend.
Überhaupt lässt sich an den schauspielerischen Leistungen nicht das Geringste aussetzen. Tobey Maguire weist eine enorme Leinwandpräsenz auf, schafft es sowohl den in sich zerrissenen, als auch den entschlossenen, als auch den völlig entspannten Peter Parker gelungen darzustellen. Kirsten Dunst glänzt nach "Vergiss mein nicht" erneut, die Rolle der Mary Jane scheint ihr auf den Leib geschnitten. Ein riesiges Kompliment geht außerdem an Rosemary Harris, welche die doch bemitleidenswerte Tante May darstellt. Das macht sie wirklich charmant.
Das also ist "Spider-Man 2". Ein Film, der brillanten Special Effects eine gleichwertige Handlung entgegensetzen wollte. Doch das ging leider etwas schief. War es im ersten Teil noch äußerst interessant, Peters erste Erfahrungen mit seinen neu errungenen Kräften zu beobachten, zeigen sich im Plot des zweiten Teils markante Schwächen. Die liegen größtenteils in den schlichten Dialogen und Handlungswendungen, die zu vorhersehbar erscheinen. Dafür glänzt der Film mit wunderbaren Darstellern, die es tatsächlich schaffen, das Gefühl zu übermitteln, einen Comic mit bewegten Bildern zu verfolgen. Als Fan der Comics sollte man sich diesen Film nicht entgehen lassen, alle anderen dürfen nicht zu anspruchsvolles Kino erwarten. Aber um es noch einmal zu erwähnen: Die grandiosen Kämpfe zwischen Spidey und Doc Ock muss man eigentlich gesehen haben. In Begleitung der Eltern ist dieser Film übrigens ab 6 Jahren freigegeben. Aufgrund einiger doch recht unangenehmer Szenen erscheint diese Freigabe ein wenig fraglich.
Note: 3+
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