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Wächter der Nacht



Land: Russland
Laufzeit: 114 Minuten
FSK: 16
Starttermin: 29. September 2005

Genre: Fantasy-Action

Regie: Timur Bekmambetow
Drehbuch: Timur Bekmambetow, Sergei Lukyanenko
Darsteller: Konstantin Khabensky, Wladimir Menschow, Valeri Zolotukhin, Victor Verzbitsky, Mariya Poroshina, Galina Tyunina, Jurj "Goscha" Kutsenko, Alexei Chadow, Zhanna Friske, Ilya Lagutenko
Kamera: Sergei Trofimow
Schnitt: Dmitri Kiselyow
Musik: Yuri Poteyenko








Der Trailer zu "Wächter der Nacht" bietet ja wirklich alles, was man sich nur vorstellen kann: eine epische Story samt epischer Musik, gemixt mit ein bisschen Horror und dazu rasante Special Effects. Würde man nicht schon zu Beginn darauf hingewiesen werden, dass die Geschichte in Moskau spielt, könnte man die Annahme äußern, dass Hollywood mal wieder mit mächtigem Budget die vorderen Kino-Charts-Ränge angreift. Doch spätestens beim Erscheinen des Beititels "Nochnoi Dozor" dürfte allgemeines Stirnrunzeln einsetzten. Denn das hier Dargebotene kommt tatsächlich aus Russland, dem zwar flächenmäßig größten Land der Erde, aber sicherlich nicht bekannt für gigantische Kinoproduktionen. Damit sollte nun Schluss sein, denn "Nochnoi Dozor" schlug in seinem Heimatland ein wie eine Bombe, brach alle Rekorde und stieg zum erfolgreichsten Film aller Zeiten auf - auch wenn er dummerweise dieses Jahr schon wieder abgelöst wurde. Die Erwartungen sind dementsprechend hoch, doch, wie so häufig, können sie im Großen und Ganzen nicht erfüllt werden.

Auf dieser Welt gibt es Menschen, wie du und ich, wie unsere Eltern und sicherlich auch deren Eltern. Aber es gibt auch die anderen: die Bösen, auch genannt "Wächter des Tages", beispielsweise ein gewisser George W. Bush, aber auch die Guten, genannt "Wächter der Nacht". Zwischen den anderen tobte über viele Jahrtausende ein Krieg, bis sie sich eines Tages zur finalen Schlacht gegenüberstanden. Keiner der beiden Mächte sollte es gelingen, den Sieg zu erringen und so schlossen sie einen Pakt, einen Waffenstillstand. Die Wächter des Tages dürften sich nicht mehr an den Menschen vergreifen und die Wächter der Nacht sollten über die Einhaltung dieser Regel wachen. Doch im Russland der Gegenwart scheint die Zeit gekommen, dass das Gleichgewicht der Mächte kippt und eine die andere vernichtend schlägt. Entscheidend über den Sieg wird ein "anderer" sein, der noch unentschlossen ist, auf welche Seite er sich schlägt und von dessen Entscheidung das Schicksal der Welt abhängen wird.

Das sind doch die Geschichten, die die Zuschauer in Scharen ins Kino strömen lassen. Gut gegen Böse - ein Kampf, der seit Anbeginn der Zeit tobt. Zunächst sei erwähnt, dass "Wächter der Nacht" einen ganz anderen Stil besitzt als ein Großteil der Hollywood-Produktionen. Das macht ihn nicht unbedingt besser, aber allein dieser Umstand dürfte bei vielen Zuschauern schon für Verwirrung sorgen. Denn einfach macht es einem dieses Fantasy-Spektakel nun wirklich nicht. Den ganzen Film über prasseln alle möglichen Ereignisse auf den aufmerksamen Zuschauer ein, der versucht, den Durchblick zu behalten. Aber irgendwann werden einige sicherlich kapitulieren. Wo andere Filme mit Erklärungen aufwarten, bleibt "Wächter der Nacht" diese dem Zuschauer gerne mal schuldig. Ein spontaner Vergleich, der mir gerade einfällt, ist der zu den Werken des Herrn David Lynch (beispielsweise "Mulholland Drive"). Unabhängig von der Qualität, lässt auch Lynch den Zuschauer liebend gerne im Dunkeln tappen. Ganz so extrem ist es bei "Wächter der Nacht" jedoch nicht der Fall - keine Angst. Wer noch nie Lynch gesehen hat, wird sowieso nicht wissen, wovon ich rede.

Aber zurück zum Thema: Lächerliche vier Millionen Dollar hat dieser Film verschlungen. Bei einigen US-Produktionen geht die Summe gerne mal ins Dreistellige - nur zum Vergleich. In Anbetracht dessen ist das Ergebnis wirklich sensationell. "Wächter der Nacht" schlägt die amerikanischen Kollegen zwar nicht, aber bedenkt man das geringe Budget, ist das alles schon sehr erstaunlich. Keiner der Special Effects, von denen es wirklich massig gibt, wirkt billig und gerade sie sind es auch, die es erschweren, der Geschichte zu folgen. So fragt man sich des Öfteren, ob sie einfach nur dazu da sind, beim Publikum Eindruck zu schinden, oder ob doch ein größerer Sinn dahinter steckt. Leider trifft dann wohl doch Ersteres zu. Mitunter trifft man auch auf einige recht originelle Ideen, wie beispielsweise dem Flug einer Schraube, die sich von einem Flugzeug löst und schließlich dort landet, wo man es wohl kaum vermuten würde. Und erfreulicherweise stellt sich dies sogar als überaus sinnvoll heraus. An den gelegentlich sehr offensichtlich platzierten Werbungen für gewisse Handy- und Kaffee-Marken, die hier nicht erwähnt werden sollen, denn Geld sehe ich eh keins, sollte sich niemand stören - sie sind der Grund, warum es den Film überhaupt gibt, denn so konnte ihn Regisseur Timur Bekmambetow erst finanzieren.

Doch nun das große "Aber": die Geschichte, die uns hier in knappen zwei Stunden präsentiert wird. Wie bereits erwähnt, lässt Bekmambetow alles Mögliche auf seine Zuschauer einprasseln. Diese wiederum folgen größtenteils Anton (Konstantin Khabensky), einem Wächter der Nacht, bei seinen Erlebnissen. Doch mit zunehmender Zeit drängt sich die Frage auf, wann die Story endlich mal so richtig ins Rollen kommt - leider gibt es bis zum Schluss darauf keine befriedigende Antwort. Alles passiert einfach irgendwie, doch irgendwann ist man es leid, dies zu akzeptieren und man verliert das Interesse. Vielleicht 20 Minuten vor Schluss bekommt man erstmals das Gefühl, zu wissen, worum es eigentlich in diesem Film geht. Doch dann wird es leider richtig schlimm, denn die beiden Handlungsstränge, die sich eben erst kurz vor Schluss als die Zentralen erweisen, driften ins Lächerliche ab.

An einem Beispiel möchte ich erklären, auf welche Art und Weise ein Problem gelöst wird: "Titanic", das Schiff läuft gerade voll Wasser, ist dabei, zu versinken, Jack und Rose irren noch irgendwo an Bord umher. Plötzlich sieht Jack einen Hebel: "Ach ja, hier ist ja die Lösung, die ich die ganze Zeit über schon wusste, aber dem Zuschauer nicht einmal angedeutet habe". Er legt ihn um, das Wasser verschwindet, das Schiff repariert sich von alleine und alle Lichter gehen wieder an. Übertragen auf "Wächter der Nacht" soll das heißen: Man muss dem Zuschauer doch irgendwann im Film zumindest mal andeuten, womit das Problem zu lösen sein könnte. Aber dann einfach kurzerhand etwas zu erfinden, spricht für die Ideenlosigkeit der Autoren und ist - so deutlich muss man das sagen - einfach nur armselig. So überrascht es dann nicht, dass auch der zweite zentrale Plot in einem Desaster endet.

Die Autoren wollten mit dem Ende in dieser Form sicherlich Spannung für die bevorstehenden beiden Fortsetzungen aufbauen, aber Spannung kam den ganzen Film über nicht auf und eine Qual, nicht zu wissen, wie das alles endet, ist das nun wirklich nicht. Hier offenbart sich die Taktik, alles möglichst befremdlich wirken zu lassen, als glattes Eigentor. Denn gerade dies ist der Grund, warum es einem völlig egal ist, wie das alles ausgeht. Keiner der Charaktere konnte richtig Sympathiepunkte sammeln und um eine Welt wie dieser wäre es auch nicht schade. Zudem wissen wir ja nun, wie leicht sich Probleme in Luft auflösen können und so besteht die berechtigte Befürchtung, dass eine simple Wendung am Ende der Trilogie wieder alles ins Reine bringt.

"Wächter der Nacht" ist dann leider auch nichts mehr zu Gute zuhalten. Sowohl Darsteller als auch Musik bewegen sich auf einem soliden Level. Einige Szenen sind sehr schnell geschnitten und helfen dem Zuschauer nicht gerade dabei, den Überblick über die Geschehnisse zu behalten. Dass einer der Charaktere "Buffy" im Fernsehen schaut, kann dem Film leider auch nicht wirklich zu Gute gehalten werden, da im russischen Original eine andere, hier wenige oder gar nicht bekannte Serie lief, die für die europäische Fassung durch die Vampirjägerin ersetzt wurde. So lässt sich also auch nicht sagen, dass die Macher wenigstens Geschmack haben. Gut und Böse stehen sich also letztendlich gegenüber: Auf der einen Seite gute Special Effects, von denen auch die zugegeben sehr düstere und gelungene Atmosphäre profitiert, auf der anderen Seite eine böse, also schwache Story, die gegen Ende total versagt und die eben gelobte Atmosphäre somit auch gleich mit zerstört. In Russland ist dieser Film vielleicht verständlicher, hier nur einer von vielen, der über absolutes Mittelmaß nicht hinaus kommt.



Note: 3-



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