Wolf Creek
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Land: |
Australien |
Laufzeit: |
99 Minuten |
FSK: |
18 |
Starttermin: |
13. Juli 2006 |
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Genre: Horror
Regie: |
Greg McLean |
Drehbuch: |
Greg McLean |
Darsteller: |
Nathan Phillips, Cassandra Magrath, Kestie Morassi, John Jarratt, Gordon Poole |
Kamera: |
Will Gibson |
Schnitt: |
Jason Ballantine |
Musik: |
Francois Tetaz |
30 000. Dies ist die Anzahl der jährlich in Australien als vermisst geltenden Menschen. Kein Wunder. In einem Land, in dem man für die Durchquerung von manchen Ranches mit dem Auto sechs Tage benötigt und eine Fernsehserie gespielt hat, in der die Ärzte per Flugzeug zu den Einsatzorten unterwegs sind. Immerhin 27 000 tauchen in relativ kurzer Zeit wohlbehalten wieder auf. Jeder Zehnte jedoch bleibt über einen Monat verschwunden. Manche für immer. Mit einigen dieser Informationen wird "Wolf Creek" eingeleitet; für einige Kritiker der Anwärter auf den besten Horror-Film des Jahres. Den Trends folgend, basiert auch er selbstverständlich auf wahren Begebenheiten.
Die Engländerin Liz (Cassandra Magrath) und Kristy (Kestie Morassi) sowie der Australier Ben (Nathan Philips), alle etwa Anfang 20, durchqueren per Auto die Einöden des riesigen Landes. Ihr Ziel ist der Wolf Creek (der in der Realität "Wolfe Creek" heißt), einer der größten Krater der Erde. Nach Besichtigung dessen wollen sich die Drei auf die Heimreise begeben, nur verfolgt Bens wenige Tage zuvor billig gekaufte Karre andere Pläne. Zu ihrem Glück kommt ein Trucker, Mick (John Jarratt), der sich gerade auf der Heimfahrt befindet, vorbei und bietet ihnen an, sie mit zu sich zu nehmen, um das beschädigte Teil dort zu ersetzen. Die drei können ihr Glück kaum fassen. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, als sie sich gefesselt in der Gewalt Micks wieder finden und plötzlich um ihr Leben kämpfen müssen. Hilfe ist nicht zu erwarten, denn wohin das Auge reicht - es sieht nur das große Nichts.
Wer die Horrorfilme der letzten Monate nicht gerade verschlafen hat, wird sich denken können, dass Micks Auftritt länger als zehn Minuten auf sich warten lässt. Wie so oft in letzter Zeit nimmt sich auch Regisseur und Drehbuchautor Greg McLean jede Menge Zeit zur Einführung seiner Charaktere. Geschätzt: mehr als die Hälfte der gesamten Laufzeit. Besonders tragisch ist das jedoch nicht, außer man ist ein irrer Psychopath, dem noch das Blut an den Händen klebt und der es kaum abwarten kann, endlich die Gliedmaßen über die Leinwand fliegen zu sehen. Nein, die Charaktere werden glaubwürdig mit Leben gefüllt, wenn auch kaum mehr als an der Oberfläche gekratzt wird. Trotzdem entsprechen sie nicht dem 08/15-Standard und erhaschen sich aufgrund einiger nur allzu menschlicher Verhaltensweisen Sympathie. Mit immer mal wieder kurzzeitig aufkommender bedrohlicher Musik oder einzelnen Bildhinweisen wird so allmählich die Spannung nach und nach gesteigert. Selbstverständlich hängt das auch damit zusammen, dass der Zuschauer grob über das noch Kommende informiert ist und gar nicht erst davon ausgeht, dass der Junge und die Mädels einfach so wieder nach Hause düsen. Interessant wäre dies jedoch allemal und würde sicherlich als eine der größten Werbe-Verarschen in die Film-Geschichte eingehen.
Ebenfalls den Trends folgend schlägt die Stimmung dann trotz aller kleiner Vorwarnungen ziemlich schlagartig ins Negative um. Der irre Trucker macht sich über seine Opfer her, die sich natürlich nach Kräften und Möglichkeiten wehren. Von der "TV Spielfilm" wurde dieser Film als "widerlich" beschrieben, doch wirkt er im Vergleich zu anderen Werken letzter Zeit wie ein laues Lüftchen - was den Grad der Brutalität betrifft. Ok, auch hier geht es ein paar Mal etwas blutig zur Sache und ohne abgetrennte Körperteile kommt auch "Wolf Creek" nicht aus, doch wird erstens das Meiste davon eher aus einer Distanz herausgezeigt und nimmt zweitens nie die Ausmaße an wie dies zum Beispiel in "Hostel" der Fall gewesen ist. Stichwort: Auge. So trifft man hier dann auch vermehrt wieder auf den Psycho-Horror, wobei dieser in "The Descent" besser herüber gekommen ist.
Spannend wird's das eine oder andere Mal und auch auf größere logische Patzer trifft man nicht (auch wenn man den Protagonisten manchmal sagen möchte: "Tu nicht dies. Tu das."). Doch leider wird hier nie die Hochspannung erreicht, wie sie in den zwar wenigen, aber dafür nervenzerreißenden Sequenzen in "The Hills Have Eyes" zu erleben war. Auch hinterlässt das Ende einen faden Beigeschmack. Dafür, dass McLean seiner Phantasie zuvor freien Lauf lässt, enttäuscht die Art und Weise, mit der er den Zuschauer aus dem Kinosaal entlässt, schon ein wenig. Doch immerhin: Zu wissen, welches Schicksal einer der Charaktere nun erleiden muss, macht wirklich schwer zu schaffen.
Ihren Beitrag zu diesem Umstand leisten dabei natürlich die Darsteller, von denen es nicht gerade viele gibt. Philips, Magrath und Morassi zeigen Überdurchschnittliches in diesem Genre, gerade natürlich auch, weil ihnen ein wenig Platz zur Entfaltung eingeräumt wird. Die "Entdeckung" des Films ist allerdings John Jarratt, die Verkörperung des irren Truckers. Er allein verleiht der zweiten Filmhälfte schon so viel Zug. Und allein sein kalter Blick, mit dem er Ben am kleinen Lagerfeuer ansieht, jagt einem mehrere kalte Schauer über den Rücken.
"Wolf Creek" ist ein ziemlich typischer Horrorfilm dieser Zeit. Die Vorstellung der Charaktere gelingt gut. Besser als in "Hostel" und ähnlich gut wie in "The Hills Have Eyes". Beide verfügen jedoch über die besseren und auch länger anhaltenden Spannungsmomente. Klar muss man nämlich auch sagen: Für die lange Einleitung fällt der Showdown doch recht kurz und unspektakulär aus. Etwas mehr Kreativität hätte dem Ganzen auch ganz gut getan. Doch andererseits verfügt "Wolf Creek" über einen charismatischen Bösen Namens John Jarratt, dem es viel von seiner Qualität verdankt. Ein weiterer gelungener Genre-Beitrag also, der ein stimmiges Bild abgibt und eher aufgrund von Kleinigkeiten daran scheitert, noch besser zu gefallen.
Note: 2-
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