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Sturm der Liebe



Ja, ich bin wahrlich bereit, Opfer zu bringen, um den Moviepage-Besuchern einen Einblick in die hintersten Ecken des TV-Programms zu gewähren. In eine dieser Ecken gehört definitiv die neue Telenovela "Sturm der Liebe" auf ARD; ein Vertreter des Genres, das besonders dank "Verliebt in Berlin" momentan voll im Trend liegt. Ein Trend - das lässt sich nach nur einem Teil schon sagen -, den definitiv niemand braucht, der auf qualitativ hochwertiges Fernsehen achtet.

Darum geht's: Laura (Henriette Richter-Röhl) sitzt im Auto, ist unterwegs nach München. Vor kurzem hat sie sich von ihrem Freund getrennt (den sie eigentlich in einer Woche heiraten wollte), nachdem sie ihn mit einer anderen Frau erwischt hat, die Mal als hässliches Entchen galt. Welch eine Genugtuung für die Ente. Nun will Laura noch einmal ganz neu anfangen: neue Liebe, neuer Job, einfach frei sein. Prompt lernt sie bei ihrem ersten Stadtbummel einen Mann kennen und verliebt sich Hals über Kopf in ihn. Sie verabredet sich für den nächsten Morgen mit ihm. Alex (Gregory B. Waldis), so sein Name, taucht zwar auf, verschwindet jedoch wieder, ohne sich Laura erkenntlich zu zeigen.

Na, klingt das nicht spannend? Animiert das nicht dazu, sich jeden Tag 15.10 Uhr vor den Fernseher zu schmeißen und 50 Minuten lang diesen atemberaubend spannenden und traumhaft romantischen Geschichten zu folgen? Ich hoffe, mein eindeutiges "NEEEIIIN" stößt niemanden vor dem Kopf. Wie immer möchte ich mich trotzdem um Objektivität bemühen und auch die positiven Seiten hervorheben: Denn im Abstand von ca. 15 Minuten, also in der gesamten Folge vielleicht drei Mal, trifft man doch auf eine originelle Idee. Fertig. Okay, Hauptakteurin Laura sieht auch nicht so ganz übel aus und vielleicht findet eine bestimmte Sorte von Frau auch an ihrem männlichen Pendant Gefallen. Aber nun ist wirklich Schluss mit dem Positiven.

Die erste Viertelstunde läuft so vor sich hin, nicht abgrundtief schlecht, aber doch ziemlich triefend vor Klischees. Dann jedoch wird es plötzlich ganz mies. Es folgt eine Szene, die mich erschaudern und panisch aufschreien ließ, die mich fast an den Rand der Verzweiflung trieb. Die beste Parodie der Welt würde dies nicht so hinbekommen. Folgendes Szenario: Laura tätigt ihren kleinen Stadtbummel, denkt gerade über ihren Traummann nach, da taucht ein asiatisches Pärchen auf, das gerne ein Foto von sich hätte. Laura ist natürlich eine ganz Liebe und willigt sofort ein. Sie geht einen Schritt zurück, stolpert (wahrscheinlich über ihren eigenen Fotoapparat, den sie wenige Sekunden zuvor da hingestellt hat), fällt - und zwar genau in die Arme eines hübschen (zumindest soll er dies wohl sein) und hilfsbereiten Mannes. Sie schauen sich an, ihre Blicke treffen sich und Amor schießt einen Pfeil nach dem anderen ab. Man stelle sich nun die dämlichsten Blicke vor, nach dem Motto "Ich kann nicht fassen, wie schön du bist, oh mein Gott, ich verliebe mich sofort in dich", und eine Musik, der nicht mal "Kuschelrock" Konkurrenz machen könnte. Man kann sich das einfach nicht vorstellen. Man würde es für eine Parodie halten, wenn man nicht wüsste, dass es keine ist. Ich nominiere diese Szene für den Moviepage-Oscar in der Kategorie "schlimmster Kitsch in einer Telenovela". Gegenkandidaten bleiben eh chancenlos, der Preis kann sofort verliehen werden, herzlichen Glückwunsch!

Kaum hat man sich ein wenig davon erholt, geht es schon weiter mit Sätzen wie "Und für mich ist es, als würde ich dich schon ein Leben lang kennen". Aua. Aua. Aua. Ähm - und nochmals aua. Die Beiden unternehmen einen gemeinsamen Stadtbummel, halten Händchen, planschen im Wasser und selbstverständlich folgt auch schon sehr bald der erste Kuss. Nun ja, es soll sie ja geben, die Liebe auf den ersten Blick, aber was hier an den Haaren herbei gezogen wurde und vor allem wie es präsentiert wird, ist einfach unfassbar. Doch weiter geht's: Nachts können beide selbstverständlich zunächst nicht einschlafen (allerdings getrennt voneinander) und als sie es dann doch schaffen, träumen beide von den wunderbaren Stunden, die sie miteinander verbracht haben. Immer dabei: ganz ganz üble Kitsch-Musik. Vielleicht bin ich ja nicht der richtige Typ für solche Sendungen und zum Zielpublikum gehöre ich sowieso nicht, aber es geht auch weniger kitschig ohne dabei an Romantik zu verlieren. Was heißt verlieren… romantisch ist das ja alles gar nicht. Eben nur kitschig. Wie bereits geschrieben, haut Alex am nächsten Morgen einfach wieder ab - wieder Mal ein tiefer Griff in die Klischeekiste. Was will man dem Zuschauer denn hier weismachen? Die beiden verlieben sich innerhalb kürzester Zeit, ohne wirklichen Grund, über beide Ohren ineinander, träumen voneinander und am nächsten Morgen sagt sich Alex, das alles wohl doch nicht so toll war? Also bitte. Am Ende der Folge treffen sich beide übrigens ganz zufällig, da sich Alex als Sohn des Chefs von Lauras bester Freundin herausstellt.

Muss nun noch erwähnt werden, dass alle anderen Charaktere ebenso auf ein Minimum an Eigenschaften reduziert werden? Lauras Freundin soll ein bisschen witzig sein, nervt aber von der ersten Minute an einfach nur. Die älteren Herren und Damen schwärmen ständig von den Zeiten, als sie geheiratet haben und schmachten und schleimen sich gegenseitig an, und eine Kollegin des Chefs wurde als Einzige mit sehr dunklen musikalischen Tönen vorgestellt - selbstverständlich wird sie sämtliche Unsympathie auf sich vereinen. Jede Wette.

Ich wage nun schon einmal eine These: Alex und Laura werden in der letzten Folge heiraten. Lauras Freundin und der Arzt vielleicht auch, aber zumindest werden sie ein Paar sein. Der Chef und sein Sohn, der Chefkoch wiederum, werden sich am Ende vertragen. Und die "Böse", die sich vermutlich noch an den Chef ranschmeißen wird, wird am Ende in irgendeiner Ecke sitzen, weil sie keiner mehr lieb hat. Aber natürlich werden sich alle anderen furchtbar lieb haben und es wird eine wunderschöne heile Welt vorherrschen - wie im wahren Leben. Empfehlen möchte ich diesen Schmarn diesmal niemandem. Mir bleibt nur noch zu sagen, dass jeder, der an diesem Kitsch Gefallen findet, wohl noch nie einen wirklich guten Film gesehen hat, z.B. mit guten Darstellern und ordentlichen Dialogen. Denn sonst wüsste er (beziehungsweise viel wahrscheinlicher "sie"), was für einen Mist er/sie sich jeden Tag antut/antun wird.



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